Franken.
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Schiffe mit der Ostwand des Kreuzschiffes rechtwinkelig enden.
Die Ostseite hat also eine dreifache Abstufung und Wiederholte
Polygonformen, die einen ziemlich befriedigenden Anblick ge-
währen. Ueberhaupt ist das Aeussere durch die über dem Kaff-
simse aufsteigenden hohen schlanken Fenster und die kräftigen
in mehreren Absätzen verjüngten und zuletzt in Fialen endigenden
Strebepfeiler sehr stattlich. Ungewöhnlich ist, dass über jedem
Joche zwischen den Fialen am Fusse des Daches freistehende
Giebel angebracht sind, die im Chore aus wechselndem, kühn
durchbrochenem Maasswerke bestehen, im Langhanse treppen-
förmig abgestuft sind und an den Kreuzseiten in gleicher Ge-
stalt Weit über das Dach hinausreichen und durch eiserne Stan-
gen gehalten sind. Eine Scheinfacade, die allerdings an städti-
schen VVohnhäusern in Deutschland nicht selten vorkommt, aber
der Würde eines monumentalen Baues nicht entspricht. Ueber-
haupt sind diese Giebel, da sie nicht eine Bedeckung der Fenster
darstellen, sondern von denselben unabhängig erst von dem Dach-
gesimse aufsteigen, kein Dach hinter sich haben und nicht ein-
mal durch eine fortlaufende Balustrade verbunden sind, ein
zweekloser, etwas spiessbürgerlicher Putz.
In Franken stieg N ürnbergßk), schon am Ende der vori-
gen Epoche die bedeutendste Stadt dieser Gegend, immer höher
und bildete zugleich immer mehr den Charakter aus, welcher es
geWiSSermassen zu einem Prototyp deutschen Bürgerthllms
machte. Emsiger Gewerbfleiss und vorsichtiger Handelsbetrieb
erzeugten zugleich Reichthum, friedlichen Sinn und 'l'reue gegen
das Reich und diese den Kaisern angenehmen Eigenschaften
wurden durch Privilegien belohnt, die wieder zu einer Machtver-
mehrung dienten. Dieser natürliche Kreislauf zeigte sich beson-
ders in diesem Jahrhundert sehr augenscheinlich. Heinrich VII.
und Ludwig von Bayern hatten schon gern auf der Burg der treuen
m) Vergl. v. Rettberg, Nürnberger Briefe 1846, und Derselbe, Nürnbergs
Kunstleben, Stuttgart 1854, mit Abbildungen. J. G. Wolfi's Nürnberger
Gedenkbuch. Sammler für Kunst und Alterthum in Nürnberg. Neues Ta-
schenbuch von Nürnberg. Vieles auch in Heideloßs Ornamentik.
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