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Deutsche
Gothik.
iiis Freie, den ganzen Bau durch gewaltige Manerpfeiler und Ge-
wölbe, die sogenannte Cavata, stützend. Durch diese grossartige
Kühnheit erlangte man einen zwar einschiffigen und nicht sehr
breiten, aber lang hingestreckten, mit fünf Seiten des Zelniecks
geschlossenen, durch fünfzehn hohe, viertheilige Fenster glänzend
beleuchteten Chor, der ausser den Sitzen der Domherren eine
würdige, weithin sichtbare Stelle für den Hochaltar gab. Der
Anfang dieses Chorbaues, 1345, ist durch eine Inschrift festge-
stellt. Die Erneuerung des Langhauses und seine Verwandlung
in eine nicht eben sehr glänzend ausgefallene Hallenkirclie be-
gann, wie eine andere Inschrift ergiebt, erst 1456, dagegen ge-
hört eine prachtvolle Vorhalle, welche dem nördlichen Kreuzarme
angefügt wurde, ihrem Style nach in unsere Epoche. Sie hat
den Grundriss eines gleichseitigen Dreiecks, dessen beide freie
Seiten reich mit Statuen geschmückte Portale bilden, eine Son-
derbarkeit, die hier durch die enge Localität und durch die Be-
ziehung auf zwei verschiedene Zugänge einigermaassen motivirt
ist, die aber später z. B. am Dome zu Regensburg?) auch
ohne solchen Grund vorkommt und
nur aus der abstract geometrischen
Richtung der deutschen Schule her-
vorgehen konnteg 1-
Wahrend hier in der bischoflichim
Stadt in dieser Epoche noch keine
i Hallenküche entsteht, werden in den
m nicht weit entfernten Städten der gol-
z denen Aue und des Eichsfeldes, in
l _ Mühlhausen, Nordhausen und Heili-
l genstadt gleich mehiere erbaut, unter
denen die Marierikirche zu M ühl-
hausenw) durch ihre imposante,
grossräumige Anlage und durch
Marienkie zu Mllhmen. manche Eigenthümlichkeiten ein hö-
4') Vielleicht auch an der Erzdecanatskirche zu Pilsen in Böhmen. Mitth.
d. k. k. Centn-Oomm. II, S. 79.
"J Zahlreiche Abbildungen bei Puttrich a. a. O. Danach eine perspecti-
vische Ansicht des Inneren bei Kugler G. d. B. III, 273.