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Deutsche
Golhik.
üppige Lust an heiteren Steinbildungen in sehr eigenthümlichei-
YVeise entgegen. Kirchliche Neubauten brauchte man, Dank
der grossen 'l'hätigkeit romanischer Zeit, ausser der in der vori-
gen Epoche erwähnten, jetzt nur fortzusetzenden Benediktiner-
kirche von St. Aegidien, nicht mehr; aber die nach sächsischem
Gebrauch breit hinlagernden 'l'hurmhallei1 jener alten Kirchen
mussten nun nach neuerer VVeise grössere Glocken und eine wür-
dige Bekrönung erhalten, was man denn in sehr origineller XVeise
dadurch bewirkte, dass man jenem [Tnterbau zwei achteckige
Thürme aufsetzte und dazwischen ein luftiges Glockenhans ein-
fügte, welches auf beiden Seiten wie ein einziges riesiges M aass-
werkfenster gebildet istäi). Glänzender noch zeigte sich dann
die einheimische Kunst. an dem Rathhause, das die damals,
blühende Hansestadt vom Jahre 1393 an erbaute. Von der Ge-
staltung des daran befindlichen Mansswerks und der (larin vor-
kommenden allerdings nicht musterhaflen Verbindung runder und
spitzer Bögen habe ich schon oben gesprochen, aber (lieses
Mangels ungeachtet ist das Ganze mit seinen 'l'reppeu und Lau-
ben, mit seinem Pfeilerschmuck und den phantastisch gekleideten
Fürsten und Gönnern der Stadt ein so characteristisches Denkmal
des damaligen festlichen und kräftigen 'l'reibens und ein so ge_
lungenes und originelles XVerk städtischer Architektur. wie in
Deutschland kaum ein zweites zu finden sein möchte im).
In Halberstadtiiiiiiii) erhielt der schöne Dom in dieser
Epoche die Schlusskapelle und in Magdeburg wurde das
Langhaus auf den früheren Grundlagen und mit niedrigen Seiten-
schiffen gebaut, aber im Uebrigen trug nun auch in dem sächsi-
schen Lande die Ilallenkirche den Sieg davon. Der Dom zu
Meissen in der vorigen Epoche nach den Grundsätzen des älte-
ren Styls begonnen, musste sich jetzt dieser neuen Sitte Fügen-f).
w) Das Glockenhnus von St. Katharina bei Kallenbach Taf. 38.
S. die Abbildung oben S. 234.
ein) Vergl. 13a. v, s. 567.
T) Schwechtenk Werk über diesen Dom und Puttrich a. a. O. I, 2.
Kugler, Gesch. der Baukunst III, 267, controvertirt gegen die von mir bereits
Ild. V, S. 570 ausgesprochene Vermuthung der späteren Umwandlung in eine
Hallenkirche. Ich kann allerdings die von ihm verlangten näheren Beweise
dafür nicht beibringen; allein wenn man die daselbst vorgetragenrBauge-