Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

VVestphalen. 
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hervor. XVährend man dort den gothischen Styl ganz in franzö- 
sischer Weise auffasst und in der Steigerung des Glänzenden, 
Wirkilngsvollen, Poetischen immer weiter geht, wird er hier 
immer mehr in specifisch deutscher WVeise, nur als ein Mittel zur 
Ausbildung eines festen, aber durchaus einfachen Systems, ein- 
facher selbst als der romanische Styl, behandelt. Die I-Iallenkirche, 
die der Gothik hier vorausgegangen war und der sie sich so- 
gleich fügen musste, wurde von jetzt an so sehr die ausschliess- 
liche Regel, dass wir de) aus der ganzen gothischen Zeit keine 
einzige Ausnahme aufweisen können. Ja selbst die älteren Kir- 
chen, die man nicht abbrach, wurden häufig in diese beliebte Form 
verwandelt, indem man das Seitenschiif bis auf die Breite und 
Höhe der Kreuzarme erweiterte und so die Kreuzform aufhob, die 
fortan auch bei den neugebauten Kirchen fortblieb. Umgang und 
Kapellenkranz finden sich gar nicht vor, selbst Choranlagen mit 
blossem Umgange oder ohne solchen mit Nebenchören nur in den 
Ivenigen einzelnen Fällen, die ich oben genannt habe; die weit 
überwiegende Mehrzahl hat nur den Polygonschluss, fast im- 
meidet?) mit drei Seiten des Achteckes. Für die inneren Verhält- 
nisse der Schiffe bildete sich zwar keine feste Regel aus, in- 
dessen neigte man doch überall dahin, sowohl die Pfeilerstellung 
als die Breiten möglichst zu erweitern, so dass die Gewölbfelder 
des ltlittelschiffes oft völlige Quadrate sind und die der Seiten- 
schitfe sich ihnen annähern. Da nun die Pfeiler nicht sehr stark, 
nicht wiielgliederig aus stark schattenden Diensten und Höhlungen, 
sondern meistens von runder Grundform mit vier, seltener mit 
acht Dreiviertelsäulen, später auch ganz ohne solche gebildet 
sind, so giebt das Innere dieser Kirchen den Anblick lichter, ge- 
räumiger Hallen, die durch ihre wohlgewählten Verhältnisse oft 
sehr günstig wirken, aber keine grosse Mannigfaltigkeit gewäh- 
ren. Eben so einfach wie das Innere ist denn auch meistens das 
Aeussere. XVestliche Doppelthürme, die nicht aus romanischer 
ß) Wie Lübke a. a. 0. S. 39 bezeugt. 
"Q Abgesehen von den Chören mit Nebenkapellen (Wiesen- und Petri- 
kirche zu Soest, St. Lambert zu Münster] bildet die Pfarrkirche zu Hamm, die 
ungewöhnlicher Weise sieben Seiten des Zwölfecks hat, die alleinige Ausnahme. 
Lübke S. 42 und Taf. XX.
	        
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