Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

Kölner 
Domfagade. 
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fesseln, die es durch ihre lilenge, durch ihren unvermeidlichen 
Parallelismus nur ermüden. Und Während diese klassische Re- 
gelmässigkeit unser Gefühl gegen alle Härten doppelt empfind- 
lich macht, fehlen solche denn doch keinesweges. Die Stellung 
der Portale, besonders der an den Seitenschiffen, von denen das 
eine bereits in aller Zeit vollendet ist, die Enge ihrer Oefnung 
im Verhältniss zu ihrer Höhe und zu der Breite ihrer Seiten- 
wände, ihre Gleichstellung mit dem daneben gelegenen grösseren 
Fenster sind wahrhaft anstössig und werden noch mehr auffallen, 
wenn der gewaltige Oberbau vollendet ist. Es ist ein Missver- 
hältniss zivischen der Grösse der Fenster und der Portale ganz 
ähnlich dem der englischen Dome. Und wenn wir forschen, wie 
ein so bedeutender Meister dazu gekommen, so finden wir, dass 
es eben eine Folge des einseitig festgehaltenen Thurmgedankens 
ist. Indem er bei einer fünfschifligen Anlage die Dreitheilung 
der französischen Faoaden beibehalten, je zwei Seitenschilfe als 
Grundlage eines Thurmes behandeln und diese Thürme nach den 
Regeln verticaler Entwickelung von einer ihrer Höhe entspre- 
chenden Basis pyramidalisch aufsteigen lassen wollte, wurde das 
Mittelschiff überhaupt, wurden besonders die Portale so be- 
schränkt, dass sie, ungeachtet ihrer gewaltigen Verhältnisse, 
gedrückt und schwach erscheinen. Es hätte einer ganz anderen 
Anlage, einer neuen Erfindung bedurft, um bei dieser breiteren 
Anlage des Langhauses und bei der beabsichtigten grossen Höhe 
eine würdige Gestaltung der Thürme zu erlangen; statt dessen 
hat der Meister sich begnügt, die französische Portalbildung in 
den durch die Consequenz seines Verticalismus ganz anders be- 
stimmten Rahmen hineinzuzwvängen  Auch diese Mängel sind 
allerdings nicht von der Art, um den Genuss an der gewaltigen 
Composition zu verkümmern oder den VVunsch ihrer wirklichen 
Ausführung zu sclnvächen; sie würde eine der schönsten archi- 
tektonischen Zierden Deutschlands werden. Denn welches Werk 
und namentlich welche Facade gothischer Kirchen ist ohne 
4') Das gesteigerte Lob ist ausser Boisseräe vorzüglich durch Kugler 
(Deutsche Vierteljahrschrift 1842, Heft III, und kl. Sehr. II, 123), und nach 
ihm durch Guhl (Denkmäler der Kunst, S. 92) aufrecht erhalten. Eine minder 
günstige Ansicht begründet Rosenthal, Gesch. d. Bauk. S. 816.
	        
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