Hochkreuze
und
'l'abernakel.
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Gestade (Maria Stiegen] in VVien der gegen Ende des fünf-
zehnten Jahrhunderts erbaute 'I'hurni eine aus schönem Maass-
werk gebildete durchbrochene Kuppel, und auch der wahrschein-
lich um 1480 gezeichnete, bis jetzt nicht vollständig ausgeführte
Entwurf zur Bekrönung des Frankfurter Domes ergiebt eine,
aber geschlossene Kuppel, auf Welcher sich erst die leichte Spitze
erheben sollte. Diese Form ging dann auch nach Frankreich
über und findet sich an der kleinen Prachtkirche Notre-Dame de
Fepine bei Chalons s. M. in sehr reicher Ausführung 9c). Am
Dome zu Antwerpen hat man endlich in hässlichster Weise die
Spitze ganz in einzelne Fialen aufgelöst, welche, durch Bögen
gestützt und verbunden, von aussen nach innen zu treppenförmig
überragen.
In Deutschland kommen, so viel ich mich erinnere, wirk-
liche Thürme dieser Art nicht vor, wohl aber sind ähnliche thür-
mende Maasswerkverbindungen als selbstständige kleine Zier-
bauten hier ganz besonders zu Hause. Dahin gehören zunächst
die Hochkreuze, welche irgend ein frommer Stifter an den Land-
strassen errichten liess, um den Wanderer zum Gebete zu ver-
anlassen, von welchen ich nur das Kreuz von Godesberg bei
Bonn vom Jahre 1333 und das unter dem Namen der Spinnerin
am Kreuze bekannte kleine Monument bei Wien als die bekann-
testen anführen will. Im Inneren der Kirchen aber übte sich diese
thurmartige Architektur besonders an den sogenannten Sacra-
mentshänschen. Die Aufbewahrung der geweiheten und also
nach der Lehre der Kirche in den heiligen Leib Christi verwan-
delten Hostie war bisher in kleinen Gefässen bewirkt, die theils,
wenn nach alter Sitte der Altar. von einem Tabernakel (Cibo-
rium) bedeckt war, von demselben herabhingen und dann oft die
Gestalt einer Taube hatten, theils auf demselben standen. Im
vierzehnten Jahrhundert fand man dies nicht würdig oder nicht
sicher genug, fing damit an, zu diesem Zwecke in der Nähe des
Altars einen mit starker eiserner Thür versehenen Wandschrank
Ü Maria. am Gestade in den Mitth. der k. k. Oentr. Comm. I, 149 u. 174-,
und II, 10 1T. Frankfurt bei Mollar Bd. I, und in KallenbacHs Chronologie
Taf. 68. N. D. de Pöpine bei du Somärard, Part au moyen age, und bei Fer-
gusson a. a. O. S. 690.