Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

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mit stärkeren Mauern ohne Maasswerk, also fast eben so ein-- 
fach wie der Unterbau gehalten, so dass erst mit der Gallerie 
leichtere Formen beginnen. Sehr viel schöner als dieser nordöst- 
lichste aller durehbrochenen 'l'hürn1e ist ein eben so weit nach 
Südosten vorgerückter, der der Kirche zu Strassengel in Steier- 
mark, ebenfalls in der zweiten Hälfte des vierzehnten Jahrhun- 
derts nnd zwar durch das Cistercienserkloster Rein, dem diese 
ehemalige VVallfahrtskapelle gehörte, erbaut. Er unterscheidet 
sich von jenen grösseren Thürmen dadurch, dass er, ohne vier- 
eckigen Unterbau auf einer Seitenkapelle des Chores stehend, 
gleich vom Boden in polygoner Gestalt anhebt und über dem 
Dache als volles Achteck in sehr einfachen, sogar noch mit dem 
Rundbogenfriese verzierten Stockwerken aufsteigt, über denen 
dann die höher angelegte Glockenstilbe mit den Giebeln ihrer 
zwölftheiligen Fenster den Kranz für den überaus leicht gehalte- 
nen Helm bildet. Das Ganze erreicht nur die Höhe von 148 Fuss, 
ist aber gerade in seiner bescheidenen Haltung von vollendeter 
Anmuth. Das Höchste in dieser Beziehung leistet ein anderes 
Werk der Cistereienser, das 'l'hürmchen, Welches der Laienbruder 
Georg von Sahnansweiler in den Jahren 1407 bis 1409 an der 
Klosterkirche zu Bebenhansen in Schwaben baute. Wirkliche 
Thürme sind bekanntlich den Cisterciensern untersagt, und der 
kunstreiche Mönch war daher angewiesen, nur einen s. g. Dach- 
reiter auf der Vierung des Kreuzes zu errichten. Daran hat er 
sich denn auch gehalten, sein 'l'hürmchen besteht blos aus der 
Glockenstube und dem I-lelm, beides zusammen 43 Fuss über dem 
Dachtirstc aufsteigend, aber er hat ihm durch kluge constructive 
Berechnung und durch die I-linzufügung von acht schlanken frei- 
stehenden Fialen, welche die Ecken der Gallerie stützen, bei voll- 
ster Durchsichtigkeit aller 'l'heile einen grösseren Umfang und 
eine Bedeutsamkeit zu geben gewusst, wie sie auch an viel mäch- 
tigeren 'l'hürmen nicht häufig ist. Endlich ist noch der T hurm 
zu T hann im Elsass zu erwähnen, der ungefähr gleichzeitig mit 
dem des Ulmer Münsters erbaut sein muss und erst 1516 vollen- 
det wurde, aber doch noch ziemlich reine Formen hat und durch 
seine leichte Erscheinung wohlthätig wirktt). 
4') Vergl. über Esslingen und Bebenhausen (Ileideloßs) Kunst des Mittel- 
VI. 1 T
	        
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