Choranlage.
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sler Wölbung meisterhaft herzustellen, von denen wir weite;-
unten einige Beispiele kennen lernen werden.
Eine andere Stelle, die nähere Betrachtung verdient, ist die
Choranlage. Kein anderes Land hat in dieser Beziehung eine
so grosse Mannigfaltigkeit aufzuzeigen, Wie Deutschland. Zwar
wurde ein Gedanke, der im romanischen und {Tebergangsstyle
die deutschen Architekten anhaltend beschäftigt hatte und an der
Elisabethkirche zu Marburg auch in gothischer Form ausgeführt
war, der Gedanke, durch gleiche Behandlung der Kreuzarme und
des Chores eine reichere Gruppirung hervorzubringen, jetzt völlig
aufgegeben. Die Kreuzarme Wurden immer rechtwinkelig ge-
schlossen und es handelte sich nur um die Gestaltung des Öst-
lichen Schlusses; hier aber sind fast alle denkbaren Formen, von
der einfachsten, der blos rechtwinkeligen Schlusswand, bis zu der
reichsten, dem französischen Kapellenkranze, vertreten. Vor-
herrschend ist der einfache Polygonschluss, meistens aus dem
Achteck, aber auch häufig aus dem Zehneck; daneben kommen
aber in gewissen Gegenden häufig, in allen sporadisch gerade
Chorwände oder auch viele reichere Formen vor. Obgleich man
sich zu der breiten französischen Anlage nicht leicht entschloss,
verhehlte man sich nicht, dass auch sie ihre Vorzüge habe, und
die Versuche, diese, also die malerische Polygongruppe des
Aeusseren, die wirksamere Beleuchtung und die Raumerweite-
rung des Inneren, mit der einfacheren deutschen Form zu verbin-
den, brachten eben jene Mannigfaltigkeit der Formen hervor.
Am nächsten lag es, neben der dem Mittelschiffe entspre-
chenden Polygonnische auch die SeitenschiHe polygonförmig ab-
zuschliessen; schon der romanische Styl hatte durch die Zusam-
menstellung von drei halbkreisförmigen Conchen oft z. B. an der
Stiftskirche zu Königslutter (Bd. IV, S. 79) sehr schöne Erfolge
erreicht. Verwandelte man diese halbkreisförmigen Conchen
überall in die von fünf Seiten des Achtecks begrenzte, also ßlWäS
mehr als halbkreisförmige Nische, so konnte die Zwischenwand
zwischen den drei Nischen, so weit sie in das Innere fiel, fortge-
lassen und durch einen schlanken Pfeiler ersetzt werden, wodurch
dann ein weitgeöffneter, durch zahlreiche verschieden gestellte
Fenster hell und malerisch erleuchteter Chorraum entstand. Bei-