Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

Das 
neue 
Ritterthum. 
litten nicht blos weniger, sie gewannen sogar durch die Kämpfe 
gegen hierarchische Anmaassungcn; die Nationen schaarten sich 
enger um das Königthum und erlangten das Gefühl ihrer in- 
neren Einheit und Kraft. Aber freilich gab auch dies sofort 
einen verderblichen Rückschlag; die zweifelhaften Ansprüche 
der Könige wurden nicht mehr in leicht vorübergehenden 
Fehden der ritterlichen Lehnsmannsehaft, sondern im anhal- 
tenden, blutigen Nationalkriege ausgefochten, Welcher den 
grössteil Theil des Jahrhunderts hindurch die edelsten Kräfte 
beider Nationen verzehrte. 
VVichtig war hierbei die Stellung des Ritterthums. Im 
Vergleich mit der Kirche und mit dem Kaiserthume war sein 
Schicksal ein günstiges, es wurde sogar eine der hervorra- 
genden Erscheinungen des Zeitalters, aber freilich nur, indem 
es seine Bedeutung änderte. Die Verhältnisse, denen es seine 
höhere Weihe verdankte, bestanden nicht mehr; Weder die 
Kirche noch die Frauen bedurften seines Schutzes und die 
Eroberung des gelobten Landes war aufgegeben. Allein der 
Nimbus dieser höheren Bestimmung war noch nicht verblichen, 
leuchtete vielmehr um so heller, da der Glanz der Kirche ihn we- 
niger verdunkelte, und gestattete den Rittern, eine andere, nicht 
minder ehrenvolle Stelle einzunehmen. Die Kunst der Krieg- 
fuhrung war noch nicht dahin gediehen, geschlossene Schaaren 
zu bilden; das arme, unritterliche Volk lief, wenn es zu Heer- 
zügen aufgeboten War, schlecht bewaffnet und ohne Ordnung 
umher, hatte auch nicht die moralische Kraft, dem wohlge- 
rüsteten Ritter zu widerstehen. Das Schiesspulver wurde zwar 
erfunden, aber noch nicht in seiner Wichtigkeit erkannt, nur 
selten und nur zu Belagerungsgeschützen verwendet. Die Ent- 
scheidung der Schlachten hing daher noch immer von den Ein- 
zelkämpfen zu Rosse ab; die Schule ritterlicher Kunst, die 
Uebung des Turniers, behielt ihre praktische Bedeutung. Zu- 
gleich aber erlangten die Kriege ein höheres Interesse, weil 
sich das Nationalgefühl daran betheiligte. Mochten sie sich 
auch auf zweideutige Reehtsansprüche der Könige gründen, 
sobald sie begonnen waren, hing das Wohl und die Ehre des 
Landes davon ab. Die Ritter waren daher die Vorkämpfer,
	        
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