Strebewerke
im
Inneren.
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undenkbar, dass man diese Form, die an Vorhallen und Lady-
kapellen oft vorkommt, auch einmal an einer Kirche angewen-
det hätte. Allein die geringe Höhe und die bedeutende, stark
zwei Drittel derselben betragende Breite des ltlittelschiffes machen
es doch Wahrscheinlich, dass man auch hier ein höheres Mit-
telschiff beabsichtigt, aber es aus ökonomischen oder anderen
Rücksichten in der Höhe der SeitenschilTe ab) abgeschlossen hat.
Demnächst mochten aber Besorgnisse entstehen, dass gerade
bei dem Mangel höherer Belastung und bei dem starken, tief
unten wirkenden Drucke des breiten Mittelgewölbes die schlan-
ken Pfeiler nicht ausreichen möchten. Man spannte daher in
beiden Seitenschilfen von der Wand zu jedem Pfeiler oben
etwas unterhalb des Gewölbes rechtwinkelig abgeschlossene,
auf bestimmten, mit den Pfeilern verbundenen Diensten ru-
hende Bögen, welche einen Gegendruck an richtiger Stelle aus-
üben. Die Anlage war daher auch hier keine blosse Zier,
allein höchst wahrscheinlich berücksichtigte man doch bei der
YVahl des Mittels auch den phantastischen Anblick dieser Bo-
genreihen, der, so wenig er unserem Geschmacke zusagt, doch
noch heute bei den Engländern selbst Beifall findet Den
Details nach scheint diese Anlage noch der Zeit vor 1390, vor
dem Aufkommen des Perpendicularstyles, anzugehören.
Mit den Schwierigkeiten, welche die Anlage des Central-
thurmes hervorbrachte, hing auch ein anderer höchst interes-
santer Bau zusammen, dessen Geschichte wir glücklicherweise
ziemlich genau kennen. Im Jahre 1322 stürzte nämlich der
grosse viereckige, aus normannischer Zeit stammende Mittel-
thurm der Kathedrale von Ely ein und zwar nach Osten hin, so
dass er die drei ersten Joche des Chorarmes zerstörte. Man
War, als dieser Unfall eintrat, eben beschäftigt, eine neue Lady-
kapelle zu errichten, hatte daher die Bauleute bei der Hand, und
g) Die Seitenschiffe der Kathedrale von York haben dieselbe Höhe.
u] Britton, a. a. O. Vol. V, giebt eine sehr gelungene Ansicht (pl. XII),
und bemerkt im Text (S. 54], dass diese Anordnung ein Beweis der Kenntniss
und der Phantasie des Architekten sei, der so neben der Sicherung eine pi-
kante Mannigfaltigkeit und malerisches Ansehen erlangt habe. Ganz ähnlich
bei Winkles II, 126, wo der Verfasser noch besonders den "maurischen" Cha-
rakter rühmt.