Kathedrale
VOll
Exeter.
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iVir finden also auch hier, wie in der vorigen Epoche, die Vor-
liebe für die ungerade Zahl der Lichtöffnungen, welche man auf
dem Continent nur bei abschliessenden Fenstern, bei den in einer
Flucht gelegenen aber meistens die gerade Zahl anwendete.
Am Fusse der Fenster über dem Triforium läuft eine Balustrade
von durchbrochenem Maasswterk, ähnlich wie an etwas anderer
Stelle in den Münstern von Strasburg und Freiburgit). Alles
Uebrige ist dann aber ganz englisch, der gerade Chorsehluss,
die mächtigen Fenster der Schlusswände in Westen und Osten
und besonders das Fächergcwölbe, in welchem von jedem Ka-
pitäle fünf Rippen zum Längenscheitel und je dreizu den Schei-
telrippen der Schildbögen aufsteigen und mit ihrem leichten Auf-
sehwunge dem Ganzen, ungeachtet der geringen Höhe, eine ge-
wisse Leichtigkeit geben. Fühlbarer wird diese niedrige Hal-
tung im Aeusseren, wo die Länge des Gebäudes durch die fast
in der Mitte (lerselbeil aufsteigenden normannischen 'l'hürme
recht betont wird. Auch hier mischen sich wieder fremdländi-
sehe mit einheimischen und mit sehr originellen, diesem Bau-
meister eigenen Gedanken. Das Strebewerk ist kräftiger und
vollständiger als sonst in der englischen Gothik durchgeführt,
dagegen ist das Dach ringsum, sogar an allen Nebenbauten, von
grossen und starken Zinnen umgeben, welche in England jetzt
immer beliebter Wurden. Selbst den Sehlusswändeil in Osten
und Westen fehlen sie nicht, indem die Giebel zu diesem Zwecke
etwas zurückgestellt sind. Sehr eigenthümlieh, wenn auch nicht
schön, ist die Faeade. Thürme fehlen ihr und sie würde also
an und für sich den Durchschnitt des Langhauses gezeigt haben,
Wobei denn auch die Strebebögen über den SeitensehiEen sichtbar
geworden wären. Dies missfiel dem Baumeister; er verkleidete
sie daher, indem er in die Winkel dreieckige, mit blindem Maass-
Werk verzierte Mauern legte, deren von der Ecke des Obersehilfes
bis zu der der Seitenschiife schräg herablaufende Seite er Wie-
derum durch Zinnen bekrönte. Dieser Gedanke ist um so wun--
derlicher, weil diese Schräge nicht einmal wie bei den ähnlichen
Scheinfaeaden in Italien mit der Dachschräge des Obersehiffes
eine zusammenhängende Linie bildet, sondern, da der Giebel wie
i") Vergl. oben Band V, S. 506.
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