Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

Nationalgefühl. 
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der Nation weder an Geld noch an Neigung für diesen edeln 
Luxus fehlte, dass vielmehr der Sinn sich recht hochgemuth und 
frei erhob und glänzende Umgebungen forderte. Freilich hat ein 
siegreicher Krieg, wie dieser es für die Engländer im Ganzen 
war, immer ein poetisches Element, welches, besonders bei der 
ritterlichen Stimmung dieser Zeit, die Gemüther wohl über 
materielle Noth und Einbussen erheben konnte; aber dies allein 
würde den Aufschwung noch nicht erklären, es kam etwas viel 
Wichtigeres hinzu. Der Waffenklang dieses Krieges War für 
England eine Friedensfeier; schon im vorigen Jahrhundert hatten 
die beiden, so lange feindlich einander gegenüberstehenden 
Stämme sich genähert, dieser Krieg vollendete ihre Verschmel- 
zung. Aus den Schlachten, in Welchen neben dem normanni- 
schen Ritter das Sachsenvolk stritt und oft mit seiner nationalen 
Armbrust und seiner bürgerlichen Kaltblütigkeit den Sieg ent- 
schied, ging die Nation als cine einige hervor. Konnte auch der 
Adel seinen französischen Ursprung noch nicht vergessen, so 
fühlte er doch jetzt im Kriege die nationale Verschiedenheit von 
seinen Stammesgenossen jenseits des Kanals; sträubte er sich 
noch eine Zeit-lang, die Sprache seiner Ahnen im Familienkreise 
aufzugeben, so konnte und Wollte er doch nicht hindern, dass sie 
im öffentlichen Leben mehr und mehr dem neugebildeten gemein- 
Samen Idiom Englands wich. Gleich nach dem ersten Akte des 
blutigen Drama's im Jahre 1362 erlangten die Gemeiuen, dass 
selbst die Eröffnungsrede des Parlaments englisch gehalten 
Wurde, um 1385 wurde auch der Schulunterricht nicht mehr 
französisch ertheilt, und ungefähr um dieselbe Zeit erhielt eng- 
lische Sprache und Sitte durch Chauceris Gedicht eine poetische 
Verklärung, welche ihren Sieg vollkommen sicherte. 
Mit dieser nationalen Erregung hängt die grosse 'l'hätigkeit 
und erfinderische Fruchtbarkeit der englischen Architektur zu- 
sammen; auch auf diesem Gebiete galt es, ein fremdländisches 
Element, das nicht mehr ausgestossen werden konnte, mit ein- 
heimischen Anschauungen zu durchdringen und völlig zu natu- 
ralisiren. Wie gross diese künstlerische Regsamkeit war, zeigt 
sich schon daran, dass im Laufe eines Jahrhunderts ein mehr- 
maliger Wechsel der Formen stattfand; dem frühenglischen 
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