Fünfies
Kapitel.
Englische
Architektur.
Es ist merkwürdig, wie die beiden, wenn auch jetzt käm-
pfenden, doch stammverwandten umd geistig zusammenhängen-
den Nationen in architektonischer Beziehung auseinandergehen.
Während in Frankreich unverkennbare Ermattung und fast Still-
stand, ist in England die regste, frischeste Thätigkeit; dasselbe
Jahrhundert erscheint den französischen Archäologen als eine
Zeit des Verfalles, den englischen geradezu als die Blüthezeit
ihrer Baukunst und Plastik. Die äussere Lage beider Länder
reicht, keiuesweges aus , diesen Gegensatz zu erklären; denn
wenn auch England nicht, wie Frankreich, der Schauplatz des
Krieges war, so hatte es doch Leiden und Kosten.desselben in
hohem Maasse zu tragen. Nicht blos der ganze ritterliche Adel
war dem Könige gefolgt, sondern auch die kräftigsten Söhne
der Bürger und Bauern fochten als Bogenschützen oder Fuss-
truppen jenseits des Kanals; es gab also überall Ausrüstungen
zu schaffen und Verlüste zu ersetzen, überall Trauer oder Be-
sorgniss, und überdies immer wachsende neue Steuern zur De-
ckung der gewaltigen Summen, welche diese kostspielige Krieg-
Führung verschlang. Es ist wahr, dass der lebhafte Seehandel,
der, wie in der vorigen Epoche so auch in der gegenwärtigen,
noch fortwährend stieg, die Aufbringung dieser Mittel erleich-
terte. Aber diese Vortheile kamen doch nur einem Theile der
Nation zu Gute und kaufmännische Berechnung hätte leicht dahin
führen können, die Kriegsausgaben durch Sparsamkeit an an-
derer Stelle zu decken, während die bauliche Pracht dieses Jahr-
hunderts an Kirchen und Schlössern recht deutlich zeigt, dass es