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Niederländische
Architektur.
Höheren Anlage die kräftige, in belgischer Weise derb aufge-
fasste Formbildung der älteren Anlage unverkümmert entgegen,
während bei den neugegründeten Kirchen die einheimische Vor-
liebe für Breite und Behaglichkeit sich sogleich mit den wei-
cheren, zierlicheren Formen der neuen französischen Schule um-
gab und dadurch zu einer fast allzugrossen und nicht genü-
gend belebten Ausdehnung des Baumes führte. Dies zeigen
sofort an der Gränze der Epoche selbst zwei kleinere Bauten,
die Beguinenkirchen zu Löwen und zu Diest, jene laut In-
schrift im Jahre 1305 begonnen, diese wahrscheinlich nicht viel
später, mit ihren auffallend (iiinircn und weitgestellten Säuleng).
Eine bedeutende Erscheinung ist dagegen die Stiftskirche zu
Hu y, 1311 begonnen, 216 Fuss lang, mit Kreuzschiff und ein-
fachem Polygonchor, Rundsäulen, wohlgeordnetem Triforium
und flammendem Maasswerk, aber in edlen luftigen Verhältnissen
des Inneren, während auch hier das Aeussere, ungeachtet des
plastischen Schmuckes eines Seitenportals, ohne Strebebögen,
Balustraden oder anderen Schmuck, allzu einfach, fast roh ge-
halten ist. Aehnlicher Anlage ist die Wegen ihres hohen Thur-
mes schon früher erwähnte Pfarrkirche zu Aerschot, wo eine
Inschrift das Gründungsjahr des Chores 1336 und den Namen
seines Baumeisters Johann Pickart nenntfiii), ein Muster des
reichsten französischen Styls dieser Zeit aber ist die VVallfahrts-
kirche N. D. zu Hal bei Brüssel, 1341 bis 1409 erbaut, mit
schlanken Bündelsäulen, reichem, zierlich verschlungenem M aass-
Werk der Fenster und 'l'rif0rien, zahlreichen Statuen, auch im
Aeusseren reicher als die meisten belgischen Kirchen, zwar ohne
Strebebögen, aber mit hohen Giebeln auf den Fenstern der
Seitenschiffe und mit zierlichen Balustraden. Andere Bauten von
ähnlicher Eleganz sind die Kapelle St. Catha rin a, Welche der
Graf von Flandern Ludwig von Male im Jahre 1374 an N. D.
in Courtrai erbauen liess, die Pfarrkirchen von Werwick
(nach einem Brande von 1382) und St. Sulpice in Diest (1416
5') Vergl. über alle diese Kirchen Schayes III, 177 ff.
"Ü Bei Schayes a. a. O. S. 181 ist der Vorname Johann nur im Texte
des Verfassers, nicht in dem der Inschrift enthalten, vielleicht nur durch ein-
fache Auslassung.