Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

Choranlage. 
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zeitig in der vorigen Epoche begonnenen Domchören von 
'l'ournay und Utrecht erscheint sie in gleicher und völlig ausge- 
bildeter YVeise, an dem wahrscheinlich noch früheren Chore der 
Frauenkirche zu "Brügge und in anderer Art auch an der Kathe- 
drale von Brüssel unvollständig, dann Wieder an St. Nicolaus in 
Gent, wo der Chorschluss erst aus dem fünfzehnten Jahrhundert 
stammen soll, und endlich an St. Bavo in Gent  hier aber nicht 
als Verkürzung, sondern als Erweiterung der gewöhnlichen 
Anlage, indem ausser dem durch selbstständige Kreuzgewölbe 
gedeckten Umgange die gewaltigen, ein volles Sechseck bil- 
denden Kapellen keine Zwischenwände haben, so dass neben 
den tiefen Altarnischen ein zweiter Umgang entsteht. 
Ausscrhalb der Niederlande giebt es freilich noch eine 
zweite, dichter zusammengelegeire und vielleicht zahlreichere 
Gruppe von Kirchen mit derselben Anlage, und zwar an der 
Küste der Ostsee in Mecklenburg und den angränzenden Län- 
dern. Aber alle diese Kirchen, mit alleiniger Ausnahme der 
schon im dreizehnten Jahrhundert begonnenen Marienkirche zu 
Lübeck, sind jünger als jene niederländischem-ab). Es ist daher 
wahrscheinlich, dass diese ökonomische Form hier, wo sie zu- 
gleich der Vorliebe für offene, bequeme Räumlichkeit zusagen 
konnte, erfunden und vermöge des lebhaften Handelsverkehrs 
zunächst nach Lübeck übertragen ist. 
In den östlichen Niederlanden trieb man die Verkürzung 
der französischen Choranlage noch weiter und gab auch grös- 
3'] Grundrisse von Tournay bei Schayes III, 170, und Kugler Baukunst 
III, 409, von Utrecht, der Frauen-Kirche in Brügge und St. Bavo in Gent im 
Organ a. a. O. zu Nro. 9, 23 und 19. Von St. Bavo eine Aussenansicht bei 
Schayes a. a. O. Für St. Nicolaus in Gent habe ich nur die Angabe im Organ 
a. a. O. S. 242, bei der es auifällt, dass der Verfasser dabei nicht an jene- 
beiden anderen, durch seine eigenen Zeichnungen festgestellten Fälle erinnert. 
Dass der Grundriss von St. Bavo bei Wiebeking Tafel 86 falsch ist, habe ich 
schon angeführt. 
a") Vielleicht haben auch andere niederländische Kirchen, deren Grund- 
risse noch nicht publicirt sind, dieselbe Choranlage. Bei der 1369 gegründeten 
Nißülßikirßhe zu Kempen bemerkt Eyck a. a. 0. ausdrücklich, dass sie flache 
Kapellen an dem innerlich mit fünf Seiten des Zehnecks geschlossenen Chore 
habe 111111 dem 0110m des Domes zu Utrecht sehr gleiche.
	        
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