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Die
Niederlande.
über das Doppelte. Dagegen dehnt man sich gern in die Breite
aus und fünfschiflige Kirchen sind hier besonders häufig; St. Ni-
colaus in Kampen, St. Peter in Leyden, die Liebfrauen- oder
neue Kirche in Amsterdam (wenigstens der Anlage nach, da die
äusseren Seitenschiffe nicht vollständig durchgeführt sind) und
St. Johann in Herzogenbusch haben fünf, die Kathedrale von
Antwerpen sogar sieben Schiffe. Neben der Neigung für die
Breite sprach dabei auch die für malerische Durchsichten mit,
wie sie durch die Mehrzahl der Schiffe entstanden; der Reiz sol-
cher wechselnden Bilder galt mehr als die Schönheit schlanker
Verhältnisse und architektonischer Consequenz.
Mit allen diesen Eigenthümlichkeiten steht es dann in Ver-
bindung, dass der Gebrauch der Run dsäule statt des Pfeilers,
den wir hier schon in der vorigen Epoche bemerkt haben,
auch in der jetzigen, wo er in Frankreich bei der nusschliess-
liehen Betonung des Verticalprincips fast in Vergessenheit kam,
sich hier nicht blos erhielt, sondern immer mehr zur Regel
wurde. Denn die Rundsäule gewährt freiere und angenehmere
Durchsichten, ist aber für die Last höherer Mauern nicht wohl
geeignet und begünstigt daher niedrige Verhältnisse. Bei den
fünfschiffigen Kirchen sind freilich, um die grössere Last der
Gewölbe zu tragen, meistens Pfeiler angewendet, aber auch
unter ihnen hat die Peterskirche in Leyden Säulen und die neue
Kirche in Amsterdam zwar gegliederte, aber sehr schlanke und
säulenartig mit dem Kapital unter dem Scheidbogen abgeschlos-
sene Pfeiler, weil das Gewölbe in beiden von Holz ist. Dagegen
sind bei dreischiffigen Bauten dieser Epoche Pfeiler eine höchst
seltene Ausnahme; ausser solchen, die wie die Kathedrale von
Utrecht oder die beiden Hauptkirehen von Brügge dem bereits in
der vorigen Epoche gemachten Anfange oder älteren Funda-
menten sich anschlossen, sind fast nur die Kathedrale von
Löwen (nach 1377) und die zierliche Kirche zu Hal bei Brüssel
(1341 1409) zu nennen. Diese Säulen stehen in der Regel
auf achteckigem Fusse und haben zierliche Blattkapitäle, von
denen dann die Gewölbdienste mit besonderer Basis und mei-
stens mit eigenen einfachen Kelchkapitälen aufsteigen h). Sie
m) Bei ursprünglich beabsichtigten Holzgewölben, wie in St. Bavo in