Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

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Die 
Niederlande. 
der Architektur hauptsächlich nur für das heitere Spiel des Deco- 
rativen empfänglich. Aber doch begehrten die reich gewordenen 
Städte prachtvolle Gebäude als Schmuck und als Aeusserung des 
Machtgefühles, und für diesen Luxus War der französisch- 
gothische Styl mit seinen glänzenden Formen und seinem aus- 
gebildeten Systeme bequemer und besser geeignet, als der 
minder bestimmte und bescheidenere der deutschen Schule. Von 
nationaler Vorliebe oder Antipathie konnte auf diesem neutralen 
Gebiete nicht die Rede sein; der Kampf wurde für städtische 
oder provincielle Freiheiten geführt, und der praktische, auf 
Nutzen und Genuss gerichtete Sinn ist überall und besonders in 
Kunstsachen sehr kosmopolitisch. In einzelnen Fällen und in 
einzelnen baulichen Sitten finden wir daher grössere Verwandt- 
schaft mit der deutschen Architektur, im Ganzen aber wurde das 
französische Element vorherrschend, jedoch so, dass ein ein- 
heimischer, specitisch niederländischer Zug die fremden Formen 
modilicirt. Jene Conscquenz verticaler, organischer Forment- 
wickelung, welche sich im französischen Style, wenn auch nur 
als üppiges und geistreiches Spiel, auch jetzt noch erhielt und 
die in Deutschland sogar mit einiger Pedanterie beobachtet wurde, 
erscheint hier untergeordnet, und statt ihrer macht sich das Be- 
hagen an breiter Räumlichkeit und derben Massen, so wie ande- 
rerseits an gefälliger] und reichen Details ohne sonderliche Rück- 
sichtnahme auf das Ganze, geltend. 
Gehen wir auf das Einzelne ein, so ist es charakteristisch, 
dass die einfache und würdige, wie man glauben sollte bürger- 
lichem Sinne recht zusagende Form der deutschen Hallenkirc-he 
hier äusserst wenig Anklang fand; in den westlichen Provinzen 
kennt man nur ein Beispiel, St. Croix in Lüttich"), im Osten, 
besonders in Friesland, eine grössere Zahl, aber auch hier mei- 
stens erst aus der folgenden Epoche und unter besonderen Um- 
ständen, welche sie als Ausnahmen von der Regel erscheinen 
lassen. Die Lebuinuskirche in Deventer und St. Walpurgis in 
m) Mit schlanken Rundsäulen und wohl erst aus dem fünfzehnten Jahr- 
hundert, obgleich sie Schayes III, 188, schon in das vierzehnte setzt. Ausser 
ihr soll noch die abgebrochene Abteikirche zu Lobes diese Form gehabt 
haben.
	        
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