Kathedrale
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Alby-
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Portal und grössere Fenster; viereckig und an den Ecken von
ähnlichen aber noch viel stärkeren, kreisrunden Streben flankirt,
bis oberhalb des Kirchendachs unverjüngt, dann mit zwei Stock-
werken, die aber nur soweit zurücktreten, dass schmale für
kriegerische Abwehr geeignete Umgänge entstehen, endlich ganz
oben mit einem zwar achteckigen und schlankeren, aber stumpf
abschliessenden Aufsatze. Der einzige Eingang liegt auf der Süd-
Seite der Kirche und ist nur durch eine hohe Treppe zugänglich,
auf deren Höhe eine reizende, ganz in durchbrochenem, flammen-
artig geschweifteln Maasstverk gebildete Vorhalle steht, eine der
elegantesten, man kann sagen kokettesten Leistungen spätgothi-
scher Kunst vom Ende des fünfzehnten Jahrhundertsß), welche
gegen die massive Einfachheit der Kirche selbst sonderbar con-
trastirt. Die Kathedrale zu Alby ist die grösseste unter den in
Ziegeln erbauten Kirchen Frankreichs, und ohne Zweifel hat die
Beschaffenheit des Materials wie auf die ungewöhnliche Anlage
so auch auf die grosse Einfachheit der Erscheinung wesentlichen
Einfluss gehabt. Allein die festungsartige Anordnung ist davon
unabhängig und ohne Zweifel auf eine wirkliche Vertheidigung
im Falle der Noth berechnet. Schon die Anlage des Thurms,
an der Grenze einer anderen Commune und an einem Abhange,
WO er gar nicht zum Eingange dienen konnte, deutet bestimmt auf
diesen Zweck hin. Auch ist eine solche Absicht an anderen Kirchen
dieser Gegend, an den Kathedralen von Narbonne und Beziers,
an fast allen während des dreizehnten und vierzehnten Jahrhun-
derts
errichteten
P farr
und
Klosterkirchen nicht zu verkennen.
Mit wenigen, schmalen, stets an der Seite und zwar gern an
schwer zugänglicher Stelle angelegten Portalen, mit kleinen, oft
den Sehiessscharten gleichenden, hochgelegenen Fenstern, mit
Zinnenbekrönung und festen 'l'hürmen, gewöhnlich auch auf
hohen, zur Vertheidigung geeigneten Punkten erbaut, sind sie
fast Wirkliche Festungen. In den Bürgerkriegen waren sie ohne
Zweifel als solche benutzt, später War es eine zur Gewohnheit
m) Märimäe a. a. O. S. 440 setzt sie irriger Weise in das Jahr 1380, wo
nur das am Fusse der Treppe stehende Eingangsthor gebaut wurde. Vergl.
Bourassö a. a. O. S. 49, 50.