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Französische
Architektur.
Es versteht sich, dass die Grossen bald mit dieser Pracht
Wetteiferten und auf ihren Landsitzen Burgen anlegten, welche
wie das Louvre die Zwecke der Vertheidigung und fürstlicher
Pracht verbinden sollten. Wie umfassend solche Anlagen Waren,
können noch die Ruinen des Schlosses Pierrefonds bei Com-
piegne beweisen, welches Herzog Ludwig von Orleans seit dem
Jahre 1390 ausbaute und schmückte, das aber nach manchen
fiüheren Verheerungen im Jahre 1616 auf Richelieuis Befehl, als
der Monarchie gefährlich, durch Pulver gesprengt wurde. Die
Pracht des Innern ist dadurch gründlich zerstört, aber der ganze
Umfang und die einzelnen Theile der Burg, namentlich die acht
mächtigen Thürme, die sich zu einer Höhe von 130 Fuss er-
hoben, sind noch sehr wohl zu erkennen Auch die übrigen
Schlösser und Burgen des Adels sind durch kriegerische Gewalt
oder durch die Bedürfnisse veränderter Sitten zerstört, die Rui-
nen geben meistens nur von dem System der Befestigungen,
ilicltt von dem Styl des Schönbaues Auskunft, in den Städten
aber mochte Wirklich die Unguust der Zeiten von grossen öffent-
lichen Bauunternehmungen abhalten, da wenigstens bedeutende
Werke aus dieser Epoche selten sind.
Unter den neuerrichteten Kirchen nimmt unstreitig die Ab-
teikirche St. Ouen in Rouen die erste Stelle ein. Sie ist 1318
gegründet; im Laufe von ein und zwanzig Jahren war, wie die
Grabschrift ihres 1339 verstorbenen Gründers ergiebt, der Chor
xmd ein grosser Theil des Kreuzschiffes vollendet im). Die wei-
teren Nachrichten über die Fortführung des Baues sind wie ge-
wöhnlich sehr lückenhaft. Eine andere Grabschrift nennt uns
einen im Jahre 1440 verstorbenen Alexander von Berneval als
Obermeister des Baues, und eine Urkunde des folgenden Jahres
ergiebt, dass Sachverständige die schon mit einem 'l'hur1ne be-
1) S. eine Restauration bei Viollet-le-Duc a. a. O. S. 151, 157. An-
sichten der Ruinen in ihrem Gesammtbilde und in einzelnen Theilen in den
Voyages dans Pancienne France, Picardie V01. III.
Hic jacet frater Johannes Marcdargent quondam Abbas istius mo-
nasterii qui incepit istam ecclesiam aediflcare de novo et fecit chorum et ca-
pellas et pilliaria turris (des Thurmes auf der Vierung) et magnam partem
crucis monasterii antedicti.