Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Die Spätzeit des Mittelalters bis zur Blüthe der Eyck'schen Schule (Bd. 6 = [2], Bd. 4)

Vorherrschen 
der 
Wellenlinie. 
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gern auch an anderen Stellen an, auf Balkonen der Aussenseite, 
an Orgelbühnenl, Laufgängen, Treppen im Inneren, und füllte 
endlich auch Wülll YVandfelder an Strebepfeilern oder an anderen 
geeigneten Stellen des Aeusseren und Inneren mit ähnlichem 
Maasswerk. 
Charakteristisch für diese Zeit ist die Vorliebe für weiche, 
aus mehreren Kreisstücken zusammengesetzte, Wellenartige 
Linien, welche in diesem Maasswerke vorherrschen, aber auch 
sonst an den verschiedensten Stellen sich eindrängen. Die Blätter 
der Kapitäle und Friese, welche in der vorigen Epoche statt der 
aus romanischer Zeit überkommenen conventionellen Form die 
schöne und freie Gestalt natürlicher, aber stylgemäss behandelter 
Blätter des Laubholzes oder gewisser Waldkräuter angenommen 
hatten, werden jetzt aufs Neue conventionell und entweder aus 
stylistischer Pedanterie steif und mit Einzelheiten überladen oder 
auch so kraus und bunt gestaltet, dass sie unter den wirklichen 
Pflanzen höchstens an Kohlblätter erinnern. Aber auch an tra- 
genden Gliedern, deren Profil aus einzelnen horizontalen und 
einander aufliegenden 'l'heilen gebildet war, etwa wie bei Ge- 
simsen aus Plättchen und Rundstab, oder wie bei den Pfeiler- 
füssen aus dem Wulst und dem senkrechten Basament, zog man 
beide in eine weiche, wellenartige Linie zusammen, wie wir dies 
schon an dem auffallenden Beispiele des Pfeilersockels gesehen 
haben, der nun statt der strengen, Festigkeit aussprechenden 
Haltmig vielmehr eine weichliehe Senkung darstellte. Da, wo die 
Welle schon sonst angewendet und gerechtfertigt war, an Ge- 
simsen, Gurtungen, Rippenprofilen, wurde sie nun immer weicher 
und wogender. Endlich aber trat sie an noch viel wichtigerer 
Stelle, an dem Spitzbogen selbst hervor. In Deutschland und 
Frankreich geschah dies nur an Portalen, Fenstern oder Nischen, 
und auch da meistens nur an der äusseren Gliederung, der man 
durch eine leichte Schweifung nach oben eine Spitze gab, die 
mit einer Kreuzblume abschloss. Man schmückte dabei auch das 
AßllSSere des ganzen Bogens mit Krappen, so dass diese ganze 
Erhöhung als eine Umgestaltung des früheren Spitzgiebels er- 
scheint, dessen strenge gerade Linie auch hier in eine weiche 
Curve verwandelt war, welche als Gegensatz und Bekrönung
	        
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