Viertes
Kapitel.
Architektonische
Zustände
im
Allgemeinen.
Frankreich
und
die
Niederlande.
Die Architektur befand sich am Anfange dieser Epoche in gün-
stigster Lage; wie ein reicher Erbe hatte sie die Früchte lang-
jähriger augestrengter Arbeit mühelos empfangen. Sie sah sich
im Besitze eines Baustyls, Welcher die kühnsten Wünsche be-
friedigte, indem er sich zu reichster Pracht und doch auch für die
einfachsten und bescheidensten Anlagen eignete, der bei höchster
Solidität doch wieder einen phantastischen Ausdruck hatte und
dem Zeitgeiste vollkommen zusagte. Auch in technischer Be-
ziehung hatte man ungewöhnliche Vorzüge, einen Schatz von
Erfahrungen, eine zahlreiche Schule von Baumeistern und Stein-
metzen, Welche die schwierigsten Aufgaben spielend lösten.
Auch fehlte es nicht an neuen, anregenden Aufgaben. An den
Kirchen hatte sich der gothische Styl gebildet, auf ihre hohen
und weiten Hallen war er zunächst berechnet, weltliche Gebäude
wurden noch spät in romanischer VVeise und bis zum Schlüsse
der vorigen Epoche immer sehr einfach ausgeführt. Jetzt aber, da
das Auge durch die bedeutungsvollen Formen der gothischen
Dome mehr und mehr verwöhnt war, wollte es sie überall
sehen; der Luxus der Bauherren und die Vorliebe der Archi-
tekten drängten zu dem Versuche, sie auch auf die Schlösser der
Grossen, die öffentlichen Gebäude der Städte und selbst auf bür-
gerliche Wohnhäuser anzuwenden. Dabei Waren denn freilich
ganz andere Verhältnisse zu berücksichtigen. IIOClISClIXVBlJCINlB,
Weitgespannte Gewölbe konnte man hier nur selten brauchen,