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Weltleben.
gere Fürsten b) von ihren vornehmsten Vasallen auf edeln
Bossen bedient, welche nach vollbrachtem Ehrendienste den an-
wesenden Spielleuten und Gauklern zuticlen, bei minder feier-
lichen Gelegenheiten trugen Pagen in phantastischer, oft mas-
kenartiger Tracht, etwa als Saracenen, die Speisen auf.
Es ist natürlich, dass diese Festlust nicht blos den Tagen
der Feier zu Gute kam, sondern gerade wegen der Unvollkom-
menheit des Transportes und mancher Hülfsmittel lange Vor-
und Nachfreuden gab. WVie malerisch muss schon der Anblick
der Landstrassen bei der Annäherung eines solchen Festes, wie
jener I-Iochzeitsfeier des brandenburgischen Fürsten in Rostock,
gewesen sein. Damen und Herren in bunter Reisetracht, reitend
oder in Sänften liegend w), die von Pferden oder Menschen ge-
tragen Wurden, Knappen in ihren Rüstungen, Wagen und
Saumthiere, die in mehr oder weniger geschmückten Truhen
und Kisten die vielen Bedürfnisse und Kostbarkeiten trugen,
welche vornehme Reisende damals mit sich zu führen pflegten.
Dann Wieder Krämer, fahrende Leute aller Art, Gaukler mit;
ihrem Apparat, 'l'hierführer und Bänkelsänger, und dazwischen
Pilger, Mönche, Kranke und Bettler, die bei dem Feste ihre
Rechnung zu linden hofften. Auch ohne so ungewöhnliche Ver-
anlassung waren die Landstrassen belebter als je. Das Mittel-
alter hatte nie die bürgerliche Ruhe des achtzehnten Jahrhunderts
gekannt; alle Geschäfte wurden persönlich betrieben und erfor-
derten Reisen; Ritter und Geistliche, Bürger und Mönche waren
beständig unterweges. Aber gerade jetzt, wo die Kreuzzüge
aufgehört hatten, wo auch die deutschen Könige ihre Römerzüge
nur selten und meistens nur mit geringem Gefolge antraten,
nahm diese Unruhe mehr zu als ab; zu den geschäftlichen
k) S0 Kurfürst Balduin von Trier bei seinem Huldigungsnlahle, wie der
schon erwähnte Codex seiner Denkwürdigkeiten im Archive zu Coblenz ergiebt.
F") Vornehme Damen bedienten sich auch der Wagen; in Ehecontracten
wurde manchmal ein solcher Stiplllift; es waren schwere vierräderige Karren
mit reichen Teppichen bedeckt, die aber nur zu kleineren Ausflügen dienten
und bei dem schlechten Zustande der Strassen auf Reisen zu unbequem waren.
Selbst Fürstinnen reisten deshalb in Sänften oder zu Pferde. Cibrario a. a.
0- II, 141, und Viollet-le-Duc, Dictionnaire du mobilier v. v. char und 1mm.