Festlust.
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Unterlage eine hölzerne oder silberne Tafel bildete. Dabei aber
zeigte man dann an Geräthen und bei Anrichtung der Speisen
möglichste Pracht. Der Gebrauch silberner und goldener Ge-
schirre war in diesem und im folgenden Jahrhundert mehr als je
ausgedehnt. Selbst in Wirthshäusern setzte man den Gästen
silberne Becher vor, und in adelichen und bürgerlichen Häusern
waren Schmuck und Silberzeug weit über Bedürfniss vorhanden.
Es war dies Luxus und Wirthschaftlichkeit zugleich, denn ein
solcher Besitz war eine Art der Anlage von Kapitalien, die man
im Nothfalle leicht versilbern konnte, und die ihre Zinsen durch
ihren festlichen Glanz abtrugen. In fürstlichen I-Iäusern, obgleich
auch da diese Schätze nicht gegen den Schmelztiegel gesichert
waren, suchte man doch den Werth des Stoifes durch die Kunst
der Bearbeitung zu erhöhen. Auf der 'l'afel König Philipp des
Schönen sah man ein silbernes Becken, in welches der Wein
sich aus den Rachen von Bären und Leoparden ergoss und
worin Schwäne und Sirenen schwammen. Andere 'l'afelaufsätze
enthielten figürliche Darstellungen, etwa das Schloss der Liebe
0de1' sonst Sceuen eines Romans, oder sie stellten Schiffe vor,
welche die grossen Braten trugen, während daneben auf sil-
bernem Meere kleine Nachen mit süssem oder scharfem Beiwerk
angebracht waren de). Dem reichen Geräthe entsprachen dann
auch die Speisen, unter denen nicht blos der Fasan oder Pfau,
die das Ehrengericht ausmachten, sondern auch Eber, Lämmer,
grosse Fische vergoldet und mit allerlei glänzenden oder scherz-
haften Zierden geschmückt waren. Es versteht sich, dass die
Zahl der Gänge gewaltig gross war, meistens stark gewürzte
Fleischslmeisen und am Schlüsse süsses Backwerk. Auch die
Bedienung war dann mehr oder minder bedeutsam; bei Krö-
nungsmahlzeiten wurden Kaiser und Könige und selbst gerin-
"Ü Eine urkundliche Beschreibung der 30 Schiffe dieser Art, welche bei
der Vermählung KarPs des Kühnen in Brügge 1467, jedes 7 Fuss lang, mit
Mastßn und Takelwerk, zwischen Felsen und Seethieren, mit ihren vier, Li-
monenv KaPßrn, Oliven u. dgl. enthaltenden Nachen auf der Tafel anlangten,
giebt die Rechnung bei de Laborde, dncs de Bourgogne, II, 3, pag. 322.
Innerhalb unserer Epoche ist ein ähnliches Schiff bei der Mahlzeit des Her-
zogs von Berry in einer Miniatur nachzuweisen. Waagen in v. Quast Zeitschrift
II, S. 232.