Kathedrale
VOll
Noyon.
71
schritt; doch deutet noch die Facade, der muthmaasslich
letzte Theil, auf die Entstehung im Anfange des dreizehn-
ten Jahrhunderts hin. Das Mittelschiff ist von wechselnden
Pfeilern und Säulen begränzt, jene mit hehen vom Boden
aufsteigenden I-Ialbsäulen, diese mit Gewölbdiensten auf den
kelchförmigen, mit dickem knospenartigem Blattwerk he'-
setzten Kapitälen. Die unteren Arcaden und die Bögen der
Gallerie sind spitz, diese schon mit einem Versuch birn-
förmiger Profilirung, die liiforienbögen und die Oberlichter
halbkreisförmig. Auch hier sind also vier Stockwerke,
welche mit ihren wechselnden Formen und gedrängten
Theilen die VVand höchst vollständig beleben. Die Ge-
wölbe, obgleich jetzt in schmalen Feldern, waren Wie man
aus mehreren Spuren erkennt, ursprünglich qnadrat und
in sechs Kappen getheilt. Manches deutet auf einen Ein-
fluss der Normandie, namentlich die grimassirenden Köpfe,
auf denen das Gesimse im Aeusseren ruhet. Der Kreuz-
gang und das daranstossende Kapitelhaus sind in anmuthi-
gen Formen der zweiten Hälfte des (lreizehnten Jahrhun-
derts errichtet.
Die Anlage der KTBUZCOIIClIBII fand in Frankreich gerin-
gen Anklang. Vollständig bestanden sie nur an der im An-
fange unseres Jahrhunderts abgebrochenen Kathedrale von
Cambray, wo sie längere Zeit vor dem im Jahre 1230
begonnenen Chore, etwa gleichzeitig mit dem Bau von
'Noy0n entstanden sein müssen An der Kathedrale von
Soissons, die wir weiter unten näher betrachten werden,
ist der eine, südliche, im Jahre 1175 begonnene Kreuzarm
als Concha und ganz übereinstimmend mit denen von N oyon
errichtet, während der andere , nördliche, wiewohl nur
1') In der Modellkammer zu Berlin findet sich auf einem Reliefplane
der Festung Cambray ein ziemlich genaues Modell dieses Domes, nach
welchem in einem von dem Architecten Lassus angekündigten: Werke über
das lllanuscript des Vilars de Honnecourt eine Abbildung zu erwarten ist.