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Erste
Regungen
des
gothischen
Styls.
beiden ausser lsle de Franee noch die Bisthümer Chartres,
Orleans und Auxerre, die letzte die Provinzen Picardie und
Champagne enthaltend. Gerade in diesen beiden östlichsten
Provinzen von Nordfrankreich, wo sich burgundisehe und
normannische Einflüsse mit belgiseh-germanischen kreuzen,
finden wir eine Zahl von Kirchen, Welche nach den histo-
rischen Nachrichten älter zu sein scheinen, als die freilich
bedeutenderen Bauten der inneren Gegenden, deren Formen
die Annahme gestatten, dass hier die ersten Schritte auf
der neuen Bahn gemacht Wurden, und die wir daher als Bei-
spiele für die erste vorbereitende Entwickelung des
gothischen Styles betrachten können. Es sind dies die Ka-
thedrale von Noyon und die Abteikirche St. Germer, beide
in der Picardie, und die Kirchen St. Remy in Rheims und
Notre Dame in Chälons-sur-Marne, beide in der Cham-
pagne. Diese Kirchen haben sämmtlich den Chorumgang
und einen Kranz von halbkreisförmigen Kapellen, (huchweg
spitze Scheidbögen, aber noch mehr oder weniger rund-
bogige Fenster, im Inneren meistens den Wechsel von
Pfeilern mld Säulen, endlich die gemeinsame Eigenthüm-
lichkeit, dass über der Gallerie und unter den Oberlichtern
noch ein Triforium hinläuft, also das Motiv der Gallerie
gevvissermaassen verdoppelt ist.
Die älteste dieser Kirchen, die Kathedrale von Noyon,
ist zunächst dadurch merkwürdig, dass ihre Kreuzarme in
halbkreisförmiger Gestalt angelegt sind. In der That ist
diese Form, die wir am Rheine am frühesten und häufig-
sten finden, wenn auch nicht unmittelbar von dort, so doch
von Osten hiehcr gelangt. Die Kreuzconehen von Noyon-
zeigen nämlich die genaueste Uebereinstimmung mit denen
an der Kathedrale von Tournay, jedoch in mehr entwi-
ckelten, weniger primitiven Formen, so dass wir eine
Herleitung von dort vermuthen können. Diese Vermllthung