Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Entstehung und Ausbildung des gothischen Styls (Bd. 5 = [2], Bd. 3)

Ausbildung 
der 
Gewölbrippen. 
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kam man darauf, auch ihnen durch starke Rippen unter 
den diagonalen Gräten eine grössere Haltbarkeit zu geben d), 
und die beiden Seitendreiecke durch eine weitere, den Zwi- 
schenpfeilern entsprechende Rippe zu theilen und zu ver- 
stärken. Die sechstheiligen Gewölbe, welche schon in St. 
Etienne in Caen angewendet waren, kamen daher in all- 
gemeine Aufnahme, obgleich sie dem Wunsche nach stär- 
kerer Beleuchtung nicht entsprachen, da sie vielmehr den 
Raum für die Fenster beschränkten und selbst das Ein- 
dringen des Lichtes hemmten. Diese Rippen bedurften 
dann ferner einer selbstständigen, mit den Pfeilern in Ver- 
bindung stehenden Unterstützung, und es kam somit die 
Form der Pfeiler in Frage. Hier findet sich nun die auf- 
fallende Erscheinung, dass der friihgothisch-französische 
Styl den bisher üblichen, aus viereckigem Kerne gebildeten 
Pfeiler, obgleich er die Bildung der Gewölbdienste erleich- 
 Violet-le-Duc, a. a. O. S. 186, ist der Meinung, dass die 
Diagonalrippen anfangs nur eine Decoration gewesen, welche, statt die 
Solidität der Gewölbe zu vermehren, vielmehr von diesen getragen sei. 
Indessen ist es kaum denkbar, dass man darauf gekommen sein sollte, 
die Diagonalgräten in dieser Weise zu betonen, ehe man den günstigen 
Ettekt der Rippen an anderen Orten kannte, wo sie mit constructiver 
Bedeutung angewendet waren. Er führt für seine Meinung nur drei 
Beispiele an, die Vorhalle der Kirche zu Vezelay (um 1160) und die 
Kathedralen von Angers und Poitiers. Allein es ist sehr viel wahr- 
scheinlicher, dass man bei diesen, sämmtlich ausserhalb des Gebietes 
des neuen Styls gelegenen Bauten, schon eine Kenntniss von den in 
demselben entstandenen Rippengewölben hatte und so, während man 
noch nach alter Weise wölbte, dieser neuen Constructionsweise sich 
schon dem Scheine nach anschloss. Namentlich ist bei den fast kup- 
pelförmigen Gewölben von Angers und Poitiers zu berücksichtigen, 
dass in dieser Gegend das Kuppelgewölbe von Perigueux eben so be- 
kannt war, wie die Kreuzgewölbe der benachbarten nördlichen Gegen- 
den, was dann leicht auf jene scheinbare Nachahmung der letzten ge- 
führt haben kann. Etwas Aehnliehes finden wir in Westphalen, wo 
man auch bei mannigfachen Versuchen haltbarer Wölbungen häufig auf 
Kuppelwölbungen kam, denen man durch decorative Rippen das An- 
sehen von Kreuzgewölben gab.
	        
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