Decorative
Sculptur.
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überlassen gewesen zu sein. Der normannische Styl liebte
auch bei solchen Veranlassungen schauerliche, schreckcnde
Gestalten; hier dagegen erhalten wir nur den Eindruck
eines heiteren, aber sinnreichen und anregenden Schmuckes.
Zuweilen sieht man darunter die Gestalten von Bischöfen,
Heiligen, Engeln, dann aber auch wieder abenteuerlich
verhiillte Köpfe, lächelnde oder verzerrte Gesichter, und
manchmal, wie es scheint, Studien des Leidenschaftlichen
und des Charakteristischen. Die Gabe scharfer Beobach-
tung des Lebens, dieusich später auf anderen Gebieten der
englischen Kunst- so glänzend bewährt hat, regt sich schon
hier. Zugleich aber sind diese Köpfchen meisterhaft gear-
beitet, mit vollem Verständniss der Form und mit kluger
Berechnung der Wirkung die Entfernung des Be-
schauers, mit feinem Stylgefühl in der Benutzung des
Raumes. Oft sind sie von idealer Schönheit, fast immer
anmuthig und anziehend. Einige Male findet man in ver-
schiedenen Gebäuden WViederholungen einzelner Köpfe und
der Motive des WVechsels, so dass ein Zusammenhang
und eine Mittheilung von Zeichnungen oder Modellen statt-
gefunden haben muss, aber dennoch ist die lllannigfaltig-
keit der Empfindungen und die Frische der Auffassung so
gross, dass man über die Fülle von Geist, Talent und
Gefühl erstaunen muss, die an diese meist übersehenen
Arbeiten verschwendet ist. Fast keiner Kirche des früh-
englischen Styles fehlen Sculpturen dieser Art, eine Auf-
zählung Würde daher zweckwidrig sein, ich nenne nur aus
der Erinnerung beispielsweise die schönen Kragsteine der
Kathedralen von Wells und Worcester und die kleineren"
Köpfchen in den Arcaden des Münsters von Beverley und
der Kapitelhäuser von Lichiield und Salisbury. Steht daher
die englische Schule der französischen und deutschen in
der Ausbildung des kirchlichen und idealen Styles nach,