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Das
nördliche
Frankreich.
Es ist begreillich, dass dieser Eifer auch die, welche
den Bau leiteten und die Formen zu bestimmen hatten,
begeistern und ermuthigen musste. Auch sie wollten und
konnten nicht im alten Geleise bleiben, fühlten sich ange-
spornt, Neues und Kühneres zu leisten, um der werkthä-
tigen llleilge zu zeigen, dass ihre fronnne Beihülfe nicht
verloren gehe. Gewiss wurde daher an vielen Orten mit
demselben Eifer geforscht und gearbeitet, wie in St. Denis.
Dies beweist auch der andere, eben erwähnte und gleich-
zeitige Bau, welcher mit so grossartiger Laienhiilfe unter-
nommen wurde, die Kathedrale von Chartres m). Der
Unterbau der 'l"hiirme_ und die damit verbundene Facade
stammen aus dieser Zeit (1145); nicht lange darauf muss
das Unternehmen, das man hier wie in St. Denis und in
anderen Französischen Kirchen nicht, wie es später üblich
Wurde, mit dem Chore, sondern mit der Faeatle begann,
in Stocken gcrathen sein. Das Schilf der Kirche gehört
ganz dem dreizehnten, die bewundernswerthe Ausschmü-
ckung der Seitenportale dem vierzehnten Jahrhundert an.
Aber auch diese Faeade zeigt von überraschender Kühn-
heit und Klarheit des Gedankens. Sie setzt eine Mittel-
schißbreite voraus , über welche auch die späteren Bau-
meistcr nicht leicht hinanszugehen wagten , sie enthält in
der consequcnten Anwendung des Spitzbogens, in der Be-
gründung der 'l'hür1ne (lurch Strebepfeiler, in der Anord-
nung der Portale schon alle Grundzüge der späteren go-
thischen Fagarleil. Nur (larin weicht sie von (lleSßll und
niae bei Duchesne Hist. Norm. Script. p. 982, und besonders der aus-
führliche Brief des Abts von S. Pierre sur Diva bei Mabillon a. a. O.
1. 78, c. 67.
5'] Abbildungen in Chapuy Cathädrales frang. und sonst häufigi
Die Monographie de 1a cath. de Ch., welche auf Kosten der franzö-
sischen Regierung herausgegeben werden sollte, scheint nach den ersten
Lieferungen in Stocken äggrathen zu sein.