Grabsteine.
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Grafen von Essex hält, die aber gewiss nicht älter ist wie
die des William Longespee. Das Gesicht sieht hier nach
vorn, der Körper aber ist halb, die Beine sind ganz im
Profil gehalten und wie fortschreitend 95). Diese Aulfas-
sung wurde von nun an die herrschende für ritterliche
Grabmäler, die wir in grosser Zahl und durch ganz Eng-
land verbreitet finden. Stets die Bekleidung mit Ketten-
panzer und kurzer Tunica ohne Aermel, mit Schild und
Schwert, der Panzer Füsse und Hände und einen Theil
des Gesichtes bedeckend, aber die Haltung bewegt. Fast
immer findet sich dabei die sonderbare, ausschliesslich eng-
lische Eigenthümlichkeit, dass die Beine nicht parallel liegen,
sondern in der Art gekreuzt sind, dass das eine mit ge-
bogenem Knie über oder miter das andere gerade gehaltene
gelegt ist. Man erklärt dies in England allgemein als ein
Zeichen, dass der Verstorbene den Kreuzzug in das ge-
lobte Land gemacht habe, indessen unterliegt diese, so viel
ich weiss, von keinem ausdrücklichen Zeugnisse unter-
stützte Meimuig doch manchen Zweifeln. Es ist nicht
abzusehen, weshalb man statt dieser sehr unvollkommenen
Andeutung des Kreuzes nicht lieber einfach das Kreuz
auf das Gewand gesetzt hat. Dazu kommt, dass diese
Gestalten zwar zuweilen gefaltete Hände, meistens aber
eine trotzige Haltung, die Rechte am SchwertgriEe haben,
was sich mit der vermeintlichen Erinnerung an jene Hand-
lung der Frömmigkeit kaum vereinigen lässt Wmt). Bei den
m] Stothard a. a. O. Taf. 11, vgl. mit Taf. 17.
w] Nur einmal, und zwar auf einem Grabsteine der erst aus dem
vierzehnten Jahrhundert stammt (Stothard, Taf. 54), sind beide Knie ge-
bogen, so dass ein wirkliches Kreuz, aber nur ein Andreaskreuz, ent-
steht. Gewöhnlich ist die Kreuzung viel undeutlicher.
das) Auf einem Grabsteine in Durham (Stothard, Taf. 24) er-
scheint der Ritter sogar mit geschlossenem Visir, gezogenem Schwerte
und vorgehaltenem Schilde, also ganz kampffertig.
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