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Die
Plastik
in
England.
eine grosse Zahl einheimischerf Talente hervor, welche sich
die Kunst ihrer Lehrer zu eigen machten, ihr aber auch
eine andere, national-englische Richtung gaben. Sie stand
mit der Auffassung, welche die gothische Architektur in
England erhalten hatte, im engsten Zusammenhange. Die
niedrigen Portale mit geöffnetem Bogenfelde, an welche
man sich hier gewöhnt hatte, die wenig ausladenden
Strebepfeiler, die dadurch bedingte Bekleidung der Facadeil
mit Blendarcaden eigneten sich nicht für Statuen oder
grössere Reliefs; das Aeussere der Kirchen erhielt daher
nur in seltenen Fällen, und zwar dann mit augenscheinlicher
Nachahmung continentaler Vorbilder, bedeutenden plasti-
schen Schmuck. Dagegen liebte die englische Sitte eine
reiche Ausstattung des Innern, zwar nicht an den Kapi-
tälen und tragenden Gliedern, wohl aber an den architek-
tonisch unwirksamen Stellen, und hier kam denn die
Sculptur sehr gelegen, um die Monotonie bedeutungsloser
Decoration zu unterbrechen. Wir finden sie daher beson-
ders in den Bogenzwickeln der Triforien und Arcaden
reichlichst und mit grossenl Geschmacke verwendet. Die
Aufgaben, mit Welchen die Plastik hier beschäftigt wurde,
waren daher ganz andere; sie hatte nicht grosse, gedau-
kenreiche Bildwerke auszuführen, welche sich auf archi-
tektonischer Grundlage gliederten, sie übte sich nicht an
kolossalen Statuen, sondern meistens an Reliefs und zwar
von kleiner Dimension und decorativer Bestimmung. Dies
alles konnte nicht ohne Einfluss auf den Geist der Kunst
bleiben. Sie war auf das Anmuthige und Zierliche, nicht
auf das Strenge und Ernste angewiesen, und gab sich oft
einer realistischen Neigung hin, welche sich auf dem Con-
tinent erst später einstellte. Hierin wurde sie noch durch
einen anderen Umstand bestärkt. Grabdenkmäler mit dem
plastischen
Bilde
der Verstorbenen
Waren in England früher