Grabsteine.
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zu gebogenen und wellenförmigen Linien finden wollen ü);
allein beides beruht auf ganz verschiedenen Gefühlsrich-
tungen. Diese spätere Manier gab dem Körper selbst eine
Wellenförmige Haltung, die nur von ihm auf das Gewand
überging; sie behielt also den Parallelismus zwischen Körper
und Gewand aus dem gothischen Style bei und setzte nur
an Stelle der geraden die "gebogene Linie. Sie War eine
Einwirkung der beginnenden Weichlichkeit und Sentimen-
talität auf den bereits eingebürgerten gothischen Styl, und
trägt den Charakter des Gesuchten und Affectirten. Die eben
beschriebene, ausschliesslich deutsche Weise ging dagegen
auf jenen Parallelismus nicht ein, hielt den Körper in ge-
rader Lage und erlaubte sich die Bewegung nur an dem
Gewande. Sie giebt eher den Ausdruck eines frischen,
jugendlichen Naturalismus, einer unruhigen, noch nicht ge-
regelten Lebendigkeit, als einer alternden Manier, und ist
eine merkwürdige Aeusserung des deutschen Gefühles im
Gegensatze gegen jene allgemeine Gleichmässigkeit des
französischen Styles.
ist
Der Entwickelungsgang der Plastik in England M)
einfacher und gleicht völlig dem der Architektur; wie
Schorn in dem angeführten Aufsatze der deutschen Viertel-
jehrsschrift 1841, Heft IV, S. 130.
i") Eine wissenschaftlich genügende Arbeit über die Geschichte
der Sculptur fehlt auch hier, indessen ist die Literatur doch reicher.
Ausser vielfachen Abbildungen von Sculpturen in der Archaeologia
hrittannica, und in den architektonischen Werken von Britton u. A.
sind hier zunächst John (Darter's, Specimens of ancient sculpture and
paintings in England, zu nennen, welche zuerst 1780, dann mit un-
verändertem und nur durch kurze Anmerkungen von Meyrick, Turner,
Britton u. A. berichtigtem Texte 1838 erschienen sind. Leider ist in-
dessen die Auswahl der mitgetheilten Monumente ohne System und die
Zeichnung nicht charakteristisch. Aehnliches gilt von dem ebenfalls
älteren Werke G0ugh's über brittische Grabdenkmäler, von denen da-