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Deutsche
Plastik.
und die Synagoge darstellend. Das ganze Portal verbindet
also die Begriffe des Himmelreiches und der Kirche, um
die Jungfrau als Königin des ersten und Repräsentantin
der letzten zu feiern. Damit steht dann weiteres Bildwerk
an den oberen Theilen der Vorderwand in Verbindung; an
den Strebepfeilern hier Abraham, mit dem schon zum Opfer
gebundenen Isaac, dort Noah das Brandopfer darbringend,
neben dem Fenster die Verkündigung, im Giebel endlich
Christus am Kreuze zwischen Maria und Johannes. Die
Haltung der meisten Figuren ist noch sehr steif, sie zei-
gen sich fast alle von der Vorderseite oder im Profil, mit
geradlinigen, parallelen Gewandfalten, auch auf dem Relief
des Bogenfeldes mit Ausnahme des einen knienden Königs
alle stehend. Nur die beiden weiblichen Statuen des Ein-
gangs, die Kirche und Synagoge, sind freier behandelt, und
bei der Krönung der Jungfrau im Bogenfelde des Neben-
portals, sieht man, obgleich auch hier Wieder alle Figuren
stehen, doch den Versuch, etwas mehr Bewegung in die
Gewandlinien zu bringen. Bei alledem verläugnet sich aber
der Schönheitssinn, der in den architektonischen Theilen
Waltet, an den plastischen nicht ganz, vielmehr haben die
Gesichtszüge und selbst die Linienführung schon oft eine
Anmuth, Welche mit jenen plastischen Mängeln versöhnt da).
Die Entstehungszeit dieser Bildwerke können wir um
1240 setzen. In ähnlicher Weise schwankend und schüch-
tern finden wir dann denselben plastischen Styl an der
benachbarten Kirche zu Tholey m3], und an dem rundbogi-
gen Portal der Südseite der Stiftskirche zu WVetzlar i-iittk).
Anziehender sind einige Sculpturen des Bamberg er Domes,
Abbildungen beider Portale in Schmidfs Trieriscben Baudenk-
malen, Lief. I, Taf. 6 und 7; eine geistvolle Erklärung von dem jetzi-
gen Bischof Müller im Texte, S. 36 ff.
Kugler kl. Sehr. II, S. 259.
am") Daselbst S. 169 und 177.