Die
sächsische
Schule.
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war sie nicht von Dauer und auch wohl kaum zu weiterer
Fortbildung geeignet. lhre Formen, so anziehend sie sind,
haben doch etwas Schwankendes, und mussten, wie es
die späteren WVechselburger Sculpturen zeigen, leicht in
Weichlichkeit und Haltungslosigkeit übergehen. Ihr fehlte
das architektonische Element, das gerade jetzt zu neuer
Herrschaft gelangte, und sie musste daher dem einfacheren
ruhigeren Style, der im Gefolge der gothischen Baukunst
aufkam, weichen. Selbst in Freiberg fand dieser nicht
lange nach Vollendung der goldenen Pforte Eingang, wie
dies die jetzt im Museum des Alterthumsvereins zu Dresden
befindlichen, aus dem Freiberger Dome stammenden in Holz
gearbeiteten kolossaleil Gestalten des Heilandes am Kreuze
nebst der Jungfrau und Johannes und einige am Aeusseren
der s. g. Thümerei in Freiberg, eines Nebengebäudes des
Doms aus dem fünfzehnten Jahrhundert, eingemauerte Re-
liefs beweisen.
S0 sehr der neue Styl aber auf innerer Nothweudigkeit
und architektonischer Consequenz beruhete, musste er sich
in Deutschland erst eiubürgern, und trat anfangs noch
schüchtern und befangen auf. S0 zuerst an der Lieb-
frauenkirche in Trier, obgleich die schmale Facade schon
einen nach der Weise des neuen Styles bildlich entwickelten
Gedankengang giebt. Das noch rundbogige und romanisch
verzierte Portal enthält im Bogenfelde die thronende Jung-
frau mit dem Kinde nebst den anbetenden Königen und
anderen Scenen der Kindheit Christi, in den fünf Archivol-
ten, Engel, Bischöfe, Kirchenväter, darauf gekrönte, musi-
cirende Gestalten, also Selige, welche die Krone des Lebens
erlangt haben, endlich die klugen und die thörichten Jung-
frauen. Von den sechs Statuen des Einganges sind nur
noch drei erhalten, die eine wahrscheinlich Johannes den
Evangelisten, die anderen in gewohnter Weise die Kirche
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