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Deutsche
Plastik.
im
Mauerverbande
mit
dem
architektonischen
Theile
des
Portals, aber sie entsprechen in ihrer ganzen Behandlung
der Sculptur der Kapitale und der Köpfe, die das Gebälk
.tragen, so dass das Ganze gleichzeitig entstanden sein
muss; nur mag die Arbeit an den Portalwänden zuletzt,
die des Bogenfeldes und der Archivolten, die einfacher und
weniger graziös gehalten, zuerst vorgenommen sein. Doch
finden sich selbst an den Statuen Züge, die völlig dem
deutschen Style des dreizehnten Jahrhunderts entsprechen.
Nur diesem müssen wir also das ganze Werk zuschrei-
ben , wobei daim die Verwandtschaft mit späteren und
italienischen Arbeiten sich leicht durch die Vermischung
antiker Reminiscenzen mit christlicher Naturauffassung und
Empfindung erklärt.
Vergleichen wir die goldene Pforte mit den Sculpturen
der Kanzel von Wechselburg, so ist eine innere Verwandt-
schaft nicht zu verkennen; in beiden ist dieselbe Weich-
heit der Linien, dasselbe Anschliessen an antike Tradition,
dieselbe Neigung zu sanften, graziösen Motiven. Allein
dennoch ist die Ausführung des Freiberger Werkes so
sehr viel vollkommener, dass man beide nicht demselben
Meister, sondern nur verschiedenen Generationen derselben
Schule zuschreiben kann.
Auch linden wir diese sofort in einem dritten Werke,
welches Wiederum etwas jünger als die goldene Pforte zu
sein scheint, nämlich an den Altarsculpturen derselben
3') Diese Annahme ist auch jetzt die allgemein herrschende, von
Waagen, E. Förster u. A., und auch schon früher von Schorn in sei-
nem Aufsatze: Altdeutsche und normannische Kunst, in der deutschen
Vierteljahrsschrift 18-11, Heft IV, S. 104 ff. ausgesprochen. Die von
diesem zugleich aufgestellte Vermuthung, dass der Anblick und das
Studium der Mosaiken von Monreale, durch die Hohenstaufische Herr-
schaft über Sicilien vermittelt, auf die Meister von Wechselburg und
Freiberg Einiluss gehabt habe, scheint unhaltbar, da die Aehnlichkeiten,
auf welche er sie stützt, allzu allgemeine sind.