Die
goldne
Pforte
Zll
Freiberg.
751
deutung fehlt, Johannes der Evangelist. Die Schönheit
dieser Sculpturen ist bewundernswerth. Das Relief ist von
vortrefflicher Anordnung, noch überraschender aber sind
die Statuen. Die Köpfe, am meisten die, welche an einigen
Stellen über den Statuen zwischen den Kapitälen der Säulen
angebracht sind, haben ein fast antikes Proiil, die Körper
sind nicht bloss richtig, sondern von edelster Bildung, die
Bewegungen leicht und graziös, die Gewänder voll und
frei. Am Auifallendsten ist die Gestalt des Daniel, der
jugendlich, in einer Art phrygischer Tracht, mit der linken
Hand eine Schriftrolle hält, mit der rechten den kurzen auf
der Schulter befestigten Mantel leicht hebt, und mit dem
schlanken, von kurzen Stiefeln bekleideten Beine in fast
tanzender Bewegung fortschreitet. Aber auch bei den an-
deren Gestalten sehen wir die Richtung auf das Anmuthige
vorherrschend; Salomo und der Evangelist sind als Jfnig-
linge, die beiden weiblichen Gestalten mit einem Ausdrucke
zarter Innigkeit dargestellt, und selbst Noah in vollen
priesterlichen Gewändern und mit langem fliessenden Ge-
wande hat doch mehr weiche als strenge Formen. Schon
bei der architektonischen Würdigung dieses Portals habe
ich die von Einigen aufgestellte Vermuthung, dass es durch
die Beihiilfe italienischer Künstler entstanden sei, angeführt,
und in der That kann man nicht läugnen, dass der erste
Eindruck des Ganzen, das Verwalten antiker Reminiscenzen
neben einer Hinneigung zu grösserer Zierlichkeit und be-
Wusster Grazie, wohl an Italien erinnert, aber freilich nicht
an den derben Styl des gleichzeitigen Nicole Pisano, son-
dern eher an Späteres. Daher war denn jene Vermuthung
auch dahin ausgesprochen, dass die Arbeit theilweise aus
einer späteren Restaination herstamme. Allein dies wird
wiederum durch die Vergleichung der einzelnen Theile des
Portals widerlegt. Zwar sind die Statuen freistehend, nicht