748
Deutsche
Plastik.
byzantinisirenden Faltenwurf ist ä). Noch _weniger aber
erstreckte er sich über ganz Deutschland.
Eine sehr eigenthümliche und ausgezeichnete Stellung
nimmt die sächsische Schule ein. Sie hatte, da sie schon
seit den Zeiten Bischof Bernward's vielfach geübt war, einen
Vorsprung vor den übrigen Schulen Deutschlands. Das
byzantinisirende Element war in ihr niemals vorherrschend
geworden; sie beruhete vielmehr eben vermöge dieses frü-
heren Ursprunges auf unmittelbareren antiken Traditionen,
und dies war die Ursache, dass sie auch jetzt nicht erst
jener strengeren, architektonischen Regelung bedurfte, son-
dern sogleich zu einer freieren Auflassung übergiug, die
sich aber dennoch sehr Wesentlich von derjenigen unter-
scheidet, welche in Verbindung mit der gothischen Archi-
tektur sich später verbreitete.
Das früheste Beispiel dieser Richtung, an welchem wir
sie fast im Entstehen linden, geben einige Reliefs in der
Stiftskirche zu Gernro de, namentlich die an der Nordseite
der Busskapelle, wo eine weibliche Gestalt mit dem Ausdrucke
des inbrünstigen Gebetes durch die Schönheit ihrer Formen
überrascht, während die danebenstehenden Figuren in Hal-
tung und Gebehrde noch völlig dem Style der vorigen
Epoche entsprechen, und nur eine etwas freiere Gewand-
behandlung zeigen. Sehr viel bedeutender sind die Scnlp-
turen an der Kanzel der Klosterkirche zu Wechselbur g
auf der vorderen Brüstung Christus, in sehr hohem Relief,
thronend, von den Zeichen der Evangelisten umgeben,
neben ihm Maria auf der Schlange und Johamies auf einer
männlichen, vielleicht den vorchristlichen Unglauben dar-
3') v. Hefner a. a. O.
Abbildungen bei
richtigem: Zeichnung bei
Leipzig 1851, S. 101.
Taf. Q3.
Puttrioh
Förster,
a. a. O. Das Opfer Abrahanfs in
Geschichte der deutschen Kunst,