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Deutsche
Plastik.
christliche Dogmen erinnern, auch hier nur Allegorien der
Laster und Tugenden geben. Die Ausführung ist zwar
fleissiger und schärfer als in Bamberg, aber zugleich roher,
weniger von geistigen Motiven belebt, und zugleich mehr
byzantinisireild. Die Entstehungszeit dürfen wir nach ar-
chitektonischen Kennzeichen in die zweite Hälfte des zwölften
Jahrhunderts, vielleicht erst gegen 1200 setzen. Die Ver-
muthung, dass die irische Abkunft der Mönche auf ihre
Arbeit Einfluss gehabt habe, ist in Beziehung auf die
Sculptur aus denselben Gründen und noch entschiedener
wie bei der Architektur abzulehnen, da es auf den britti-
sehen Inseln überall noch keine irgend erhebliche plastische
Kunst gab. Ueberhaupt drängt uns nichts, hier eine Fremde
Einwirkung anzunehmen, da wir plastische Arbeiten von
ähnlicher strenger und doch roher Behandlung, wenn auch
von geringerem Umfange auch an anderen Orten des süd-
lichen Deutschlands, in Rosheim im Elsass, in Faurndau
und Brenz in Schwaben, und selbst in Trier an den Apo-
steln und Heiligen der Choreinfassung antreffen.
Eher könnte man dies beiden Sculpturen der Gallus-
pforte am Münster zu Basel zugeben, indem sie, der
einzige Fall dieser Art, an die älteren französischen Portal-
sculpturen erinnern. Zwischen den schlanken Säulen auf
beiden Seiten des Portals sehen wir nämlich die Statuen
der vier Evangelisten, im Bogenfelde darüber Christus als
Weltrichter mit den fürbittenden Gestalten localer Heiligen,
darunter in einem Friese die thöriehten und klugen Jung-
frauen, daneben auf den strebepfeilerartigen Vorsprüngen,
Welche das Portal einrahmen, in Reliefs sechs Werke der
Barmherzigkeit, endlich oben posaunenblasende Engel und
Gruppen Auferstehender, die auf dem oberen Gesimse ohne
gemeinschaftliche Basis auf der Mauer zerstreut sind. Das
Ganze ist eine Darstellung des Weltgerichtes nach Anlei-