Schottenkirche
Zll
Regensburg.
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dass er in Zügen und Bewegungen die jüdische Nationa-
lität ausdrücken wollte. Der Erzengel Michael endlich
schwingt das Schwert ziemlich gewaltsam, aber er giebt
doch trotz der mangelhaften Zeichnung den Ausdruck un-
Widerstehlicher Kraft, den der Künstler beabsichtigte. Die
Bewegungen sind oft ungeschickt, die Körperformen un-
schön, namentlich ist eine gewisse Dickbäuchigkeit der
Gestalten auffallend, Schönheitssinn und Anmuth sind über-
haupt nicht die Vorzüge dieser Arbeit, wohl aber erkennen
wir eine lebendige Empfindung für Ernst, Würde und
Energie. Aehnlichen Styles und wahrscheinlich aus der-
selben Zeit sind dann noch das Relief des Bogenfeldes am
Nordportale neben der östlichen Chornische und selbst die
Statuen an der sogenannten goldenen Pforte, beide aber
minder bedeutend und wahrscheinlich etwas später entstanden.
Einigermaassen verwandten Styles sind die Sculpturen
an dem Portalbau der Schottenkirche in Regensburg,
von dessen auffallender architektonischer Eigenthümlichkeit
ich schon oben gesprochen habe, dessen plastische Ge-
stalten aber noch viel räthselhafter und abenteuerlicher sind.
Neben den wohlbekannten Erscheinungen des Heilandes,
der Apostel, der Jungfrau, finden wir fabelhafte Thiere,
Menschen von Drachen und Krokodilen verschlungen, Wei-
ber mit FlSChSChWäIIZBD, priesterliche Gestalten mit unge-
wöhnlichem Kopfschmuck, Menschenpaare in Bewegungen,
die auf einen bestimmten, uns unbekannten Hergang zu deuten
scheinen, und dies Alles nicht als leichtes Phantasiespiel an
untergeordneter Stelle, sondern in bedeutsamer Grösse und
Anordnung VVahrscheinlich sollen diese Darstellungen,
die auf den ersten Blick eher an indische Mythen als an
1'] Vgl. Waagen, Künstler- und Kunstwerke in Deutschland, Bd.
Q, S. 95. Abbildungen bei Popp und Bülau, die Architectur des Mit-
telalters in Regensburg, und bei Gailhabaud Vol. II.