Ihre
künstlerische
Bedeutung.
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werden durch die Verbindung der Gestalten zu grossen
Gesammtbildern weniger auffallend und sind jedenfalls wie-
der mit manchen Vorzügen verbunden. Sind diese Künstler
nicht durch Studien gefördert, so sind sie auch nicht da-
durch gehemmt. Wir finden sie niemals von falscher Re-
flexion irre geleitet, niemals nach Effekten haschend und
kokett, niemals in kalter Correctheit ermattet; sie sind"
immer wahr, unbefangen, frisch, nur mit ihrem Gegen-
stande beschäftigt. Didron nennt irgendwo die Kathedrale
von Rheims das Parthenon des dreizehnten Jahrhunderts,
und in der That sind diese Sculpturen in ihrer ruhigen
Objectivität denen des Parthenon zu vergleichen. Stylgefühl
und Schönheitssinn fehlen ihnen nicht leicht und wirken
auch abgesehen von dem Inhalte der Darstellung. Die
Linienführung, die Art, wie die Figuren sich tragen und auf
ihren Hüften mhen, die Verhältnisse der Körpermassen,
der VVechsel von lichten und von beschatteten Stellen, die
Contraste der nebeneinander gestellten Figuren sind durch-
weg Wahrhaft plastisch _und künstlerisch. Die Gewand-
behandlung erinnert oft im Wurfe des Mantels an die
Antike, ist aber noch häufiger bei den bald lose herab-
fliessenden bald durch den Gürtel mannigfaltig motivirten
Gewändern von einer dem Mittelalter eigenthümlichen Grazie.
Im Ausdrucke der Empündungen, von Welchen ihre Zeit
vorzugsweise bewegt War, sind sie oft unübertrefflich; die
bescheidene Anmuth der Frauen, die Innigkeit und Rein-
heit der Engel sind kaum in irgend einer anderen Zeit
besser g-eSchi]de1-t_ (Vergl. am Abbildungen auf der folgenden Seite.)
VVir haben keinen Bericht, der uns von dem künstle-
rischen Verfahren bei diesen umfangreichen Sculptiuen
Kunde gebe; ohne Zweifel waren überall viele Gehülfen
beschäftigt, denen schwerlich vollständige Zeichnungen oder
Modelle vorlagen, sondern die nur unter der Leitung des