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Das
nördliche
Frankreich.
den Fenstern, an die Normandie erinnert, schliesst sich die
Choranlage dem grossartigeren südlichen Systeme, aber
ebenfalls mit bedeutenden Verbesserungen, an. Sie hat
nämlich nicht bloss, wie selbst der kolossale Bau von
Cluny, fünf, sondern sieben radiante Kapellen, und nicht
wie dort vereinzelt, sondern eng aneinandergerückt und nur
durch Strebemauern getrennt, so dass sie einen wirklichen,
geschlossenen Kranz bilden. Acht Rundsäulen umstellen
und zwar nach der Mitte zu mit Wachsender Annäherung,
den inneren Chorraum, um den sich, da zwischen ihnen
und den Kapellenmauern eine zweite Säulenstellung ange-
bracht ist, ein doppelter Umgang umherzieht In der
Krypta linden wir im Wesentlichen rein romanische For-
men, rundbogige Fenster und Arcaden, schwere Kapitale
mit roher Nachahmung der korintliischen Form und mit
historischen Darstellungen. Im oberen Chore ist diese an-
tike Reminiscenz noch deutlicher und vielleicht durch nä-
here Berücksichtigung alter Vorbilder aufgefrischt, aber die
Kapitale sind leichter und, ungeachtet wechselnder X7erzie-
rung, meist mit knospenartigem Blattwerk ausgestattet.
Besonders merkwürdig ist aber, dass hier, Wahrscheinlich
zum ersten Male in Frankreich, der Spitzbogen ganz durch-
geführt ist, nicht bloss an den tragenden Bögen, sondern
auch an den Fenstern. Die Meinung, dass Suger diesen
Bogen als eine Verschönerung oder Verbesserung; aus dem
Orient oder aus Sicilien, welche Gegenden er nach seinen
ziemlich ausführlichen Lehensnachrichlen nie betreten zu
haben scheint, entlehnt habe, verdient kaum mehr eine
Widerlevunv. VVir haben wesehen dass er in Frankreich
n z: 1-, 3
schon oft angewendet war; schon früher an den Tonnen-
Der äussere Umgang ist jedoch zu den Kapellen gezogen und
dient also eigentlich nur als innere Verbindung derselben. Die An-
ordnung ist ähnlich, aber doch nicht ganz gleich, wie auf dem weiter
unten mitzutheilenden Grundrisse von St. Remy in Rheims.