Deutsche
Glasmalerei.
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Deutschland kann sich bei Weitem nicht gleichen
Reichthums rühmen. Aus jener Zeit, von der der Brief
des Abtes Gozbert spricht, ist uns begreiflicherweise nichts
geblieben; aber auch dem zwölften Jahrhundert, und zwar
seiner Spätzeit, können wir nur Fünf Oberlichter im Dome
zu Augsburg zuschreiben, einzelne alttestamentarische Ge-
stalten von sehr steifer Haltung mit breiten von vorn ge-
sehenen Gesichtern, verzierten Gewändern und jüdischen
Mützen. Selbst Glasmalereien des dreizehnten besitzen Wir
nur in sehr mässiger Zahl, aus früherer Zeit und in
rundbogigen Fenstern nur am Rheine und in Westphalen.
Hier in der Chornischc des Patroelus-Münsters zu Soest
einzelne Gestalten als Ueberreste grössercr Compositionen,
in der kleineren Kirche zu Legden im Münsterlantle da-
gegen ein vollständiges Fenster, in rhythmisch geordneten
Kreisbildern der Stammbaum Christi, ausgehend von dem
als Kreuz gestalteten paradiesischen Baume des Lebens,
schliessend mit dem thronenrlen von den sieben Tauben des
heiligen Geistes umgebenen Christus Bedeutender sind
die Fenster der Chemische von St. Cunibert in Köln,
drei grössere rmd mehrere kleinere, ohne Zweifel um die
Zeit der Einweihung 1248 entstanden und vollkommen dem
edlen spätromanischen Style dieser Zeit entsprechend. An
dem mittleren Fenster, dessen Inhalt die über einander darge-
stellten Hauptmomente der Geschichte Christi, Verkündi-
gung, Geburt, Kreuzigung, Auferstehung und Himmelfahrt
mit begleitenden Engeln und Propheten bilden, ist ausser
der Farbenschönheit auch die räumliche Anordnung zu
rühmen, die geschickte und künstliche Verbindung von
Medaillons und Halbmedaillons mit gewissen, den schlanken
Fensterwänden parallelen senkrecht aufsteigenden Linien
lllld die Verwendung des Eisengerüstes zu einer kräftigen
Lübke
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