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Blüthe
der
Glasmalerei
in
Frankreich.
mit Glasmalereien geschmückt, hat sie leider mit einem
Schlage verloren, nicht durch Kriegswuth oder den Fana-
tismus einer rohen Volksmasse, sondern auf Befehl des
Kapitels, das im Jahre 1'741 sie durch weisse Scheiben
ersetzen liess. Pierre Levieil, selbst Glasmaler und Ge-
schichtschreiber der Glasmalerei, war mit der Ausführung
dieser Maassregel beauftragt und berichtet darüber in seinem
Werke ohne auch nur ein Bedauern auszusprechen.
Das mittlere Fenster des Chors enthielt Christus zwischen
der Jungfrau und Johannes dem 'l'äufer, die der Seiten-
wände unter jedem der zwei Bögen kolossale 18 Fuss
hohe Gestalten von Bischöfen, Patriarchen und Propheten.
Glücklicherweise sind indessen die grossen Rosenfenster
der drei Faeaden dieser Zerstörung entgangen und geben
uns noch eine Probe der alten Pracht. Sie enthalten in
kleinen
den
inneren
und
äusseren
Strahlen
der
Rose
ein-
gezeichneten Medaillons auf tiefbleuem Grunde im An-
schlusse an die Bedeutung der darunter befindlichen Portal-
sculpturen, das Westliche und nördliche die Jungfrau mit
dem Kinde dort von Propheten, Zeichen des Thierkreises,
Monatsarbeiten und Tugenden, hier von alttestamentarischen
Königen und Propheten umgeben M), das südliche die Glorie
der Märtyrer. Sie sind , da die Kreuzfagaden erst um
1257 erbaut wurden, eine Arbeit der zweiten Hälfte des
Jahrhunderts.
Dieser frühe und eifrige Betrieb der Glasmalerei er-
streckte sieh in Frankreich genau so weit wie die Herrschaft
des gothischen Styls. In Lothringen und Belgien finden
sich Glasgemälile nur aus dem vierzehnten Jahrhundert, in
den südlichen Provinzen sind sie sogar auch da noch selten.
Levieil,
et historique
Traitä pratique
1a peinture sur verre.
Dieses
Lasteyrie:
abgebildet bei
Taf.