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Das
nördliche
Frankreich.
Die Stephanskirche zu Beauvais giebt endlich sogar
ein Beispiel der Aufnahme nicht bloss normannischer son-
dern auch deutscher Formen. Sie hat den ausgebildeten
Pfeiler der normannischen Bauten, ein 'l'riforiun1 mit über-
Wölbten Doppelarcaden, erhöhte Scheidbögen, Kelehkapitäle
ohne Reminiscenz an das korinthische, dabei aber im
Aeusseren in der Behandlung des Rundbogenfriescs und
der als kleine Säulen gestalteten Lisenen überraschende
Aehnlichkeit mit manchen deutschen Bauten k). YVir sehen,
wie begierig diese mittlere Gegend nach brauchbaren For-
men War, wie sie dieselben von allen Seiten herbeizog.
Diese Mischung heterogener Elemente und diese schwan-
kenden Versuche erzeugten dann aber sehr bald in conse-
quenteren Geistern das bewusste Bestreben nach Bildung
eines in sich harmonischen, technisch befriedigenden Styls.
Zuerst und in sehr merkwürdiger Wleise tritt uns dies in
den Bauunternehmungen des berühmten Abts Suger an der
quem pater meus fundavit qui dicitur Sancti ltlartini ad campos) dem
Abte Hugo von Cluny und seinen Nachfolgern, so dass sie nun zu
einem von Cluny aus besetzten Priorat wurde. Vgl. Mich. Felibien,
Hist. de la ville de Paris (fol. 1725). Vol. I. p. 130 und Vol. III.
p. 49 ff. In den Jahren 1097 und 1'137 sicherten andere Urkunden
des Erzbischofs von Paris und des Königs dem Kloster seine reichen
Bcsitzthümer und Rechte. Es ist sehr wahrscheinlich, dass jene erste
schon in sieben Jahren vollendete Kirche den klösterlichen BedürfnisSeIl
nicht entsprach und dass daher die älteren Theile des Chors (das Schiff
ist im Jahre 1'230 erneuert und auch der Chor hat um diese Zeit. einige
leicht erkennbare Aenderungen erhalten) aus einem Netibzur stammen,
Welcher unmittelbar von den aus Cluny gekommenen München geleitet
wurde, wodurch sich auch die südlichen Formen erklären. Die Anlage
des Kapellenkrarxzes ist indessen ziemlich complicirt und abweichend
von der älteren Weise.
m) Das Gebäude enthält Theile sehr verschiedener Zeiten, deren
völlige Sichtung den Gegenstand einer anziehenden Monographie bilden
könnte. Auch die sehr eigenthiimliche Symbolik ihres Bildwerks würde
dabei in Betracht kommen. Vgl. einige Abbildungen bei Gailhabaud
und in der Voyage dans Pancienne France.