Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Entstehung und Ausbildung des gothischen Styls (Bd. 5 = [2], Bd. 3)

688 
'l'eppiche. 
behandelt 3), vielleicht hatte daher der Zeichner ein älteres 
Vorbild, aus dem er das Kostüm entlehnte; aber nicht 
bloss (lieses, sondern die ganze Auffassung und Ilaltung 
verrät-h Verständniss und Sinn für die Schönheit der an- 
tiken Kunst. Die Zeichnung des Nackten ist frei, richtig 
und nlässig, der Faltentvurf einfach und entsprechend, die 
Gebehrden sind anmuthig und würdig, einige Gestalten 
von wahrhaft überraschender und ausgezeichneter Schön- 
heit. Besonders gilt dies von zwei Stücken dieses Tep- 
pichs, von dem, auf welchem sich Mereur selbst und unter 
anderen Gestalten auch die Psyche (hier Sichern geilannt), 
und von (lem, worauf sich Pudieitia, Fortitudo und Pru- 
dentia belinilen, während die anderen zu (lemselben Teppich 
gehörigen Stücke weit geringer und offenbar nach Vor- 
zeieluumgeil eines anderen Meisters gearbeitet sind. Die 
Behandlung ist auch dadurch interessant und lehrreich, dass 
sie zeigt, wie diese vorübergehende Belebung der antiken 
Form dazu dienen konnte, den Uebergang von der byzan- 
tinisirenden VVeise zu dem späteren, am Ende der Epoche 
aufkommenden Style zu bilden. Indem nämlich der Künstler 
die unnatürliche und unerfreuliche 'l'roekenheit jenes älteren 
Styles vermeiden, frischeres und volleres Leben geben will, 
indem er hierbei die Antike im Auge hat, geht er doch 
schon über das Maass derselben hinaus, und streift an jene 
breitere, sinnliehere Form, die in der Sculptilr des gothi- 
schen Styles ihre Ausbildung erhielt. 
Frankreich und England sind an Ueberresten der 
Malerei aus dieser Epoche viel ärmer als Deutschland, viel- 
i) In Ekkehanfs Oasus Sti. Galli (Pertz Monumentn, Vol. II) 
wird erzählt, dass die Herzogin Hedwig im zehnten Jahrhundert dem 
Kloster einen Teppich mit demselben Gegenstande geschenkt habe.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.