Holland.
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breiteren Massen der Gewänder, die schlichte, immer un-
umwunden auf das Ziel gerichtete Darstellung des Histo-
rischen, die Technik, endlich der Charakter des Architek-
tonischen sprechen hier für diese spätere Zeit.
Auch in Holland sind wenigstens in einem Falle
Wandgemälde des dreizehnten Jahrhunderts dem zerstö-
renden Eifer der dortigen Reformation entgangen. Sie be-
fanden sich in der 1212 gegründeten und 1263 geweiheten
Johanniskirche zu Gorkum, und sind vor dem Abbruche
derselben im Jahre 1845 entdeckt und uns in anscheinend
treuen, in der königlichen Bibliothek im Haag bewahrten
Kopien erhalten. Ihre Anordnung war sehr einfach; sie
gaben nur eine Chronik der Heilslehre, welche in sechs
Reihen von je acht Bildern an der VVand des Chores er-
zählt war. Nur dreizehn dieser Bilder, theils aus dem
ersten Buche Mosis, theils aus dem Leben des Heilands
waren kenntlich. Die Formen sind derb, und ohne Schön-
heitssinn, die Umrisse in starken, schwarzen Linien ge-
zeichnet, die nackten Körper fast ohne Details, die Gewan-
dung einfach und dem Körper ziemlich entsprechend, aber
styllos, der Ausdruck oft roh und hart, die Farben ohne
Schattirung aufgetragen. Der Urheber stand also auf keiner
hohen Stufe der Kunst. Bemerkenswerth ist aber der
heitere und naive Naturalismus, der schon hier die künftige
Richtung der holländischen Kunst andeutet. Nur in den
Ziigen Gottes und Christi ist ein Anklang an die typischen
Züge, übrigens schliesst sich der Maler an die Erschei-
nungen seines Landes und seiner Zeit an. Die Thiere der
ersten Schöpfung geben sich deutlich als Schafe, Schweine,
Gänse und Kaninchen zu erkennen, die Bäume des Para-
dieses tragen gemeine Aepfel. am Boden sind Blumen und
Blätter von unverhältnissmässiger Grösse zerstreut. Einige
Male mischen sich auch scherzhafte Züge ein, wie die
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