Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Entstehung und Ausbildung des gothischen Styls (Bd. 5 = [2], Bd. 3)

Mischung 
der 
Provinzialstyle. 
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diesen Ländern gefunden Wird, die vortheilliaftesten Mittel 
gewährte. 
Das Resultat aller dieser Elemente ist der gothisclie 
Styl in seiner primitiven, in Frankreich ausgebildeten Ge- 
stalt. YVir können an ihm die einzelnen, aus den bisheri- 
gen Systemen der Normannen und der Provenzalen ent- 
lehnten Bestandtheile aufzeigen. Aus südlicher Quelle und 
zum Theil aus antiker Reminiscenz stammt die volle Anord- 
nung des Chors mit seinem Umgange, die Ausbildung der 
Säule und des Kelehkapitäls, überhaupt im Gegensatze 
gegen den normannischen Styl die Neigung für plastische 
Rundung, für feineres und freies Ornament, für das Vege- 
tabilische, endlich auch der Spitzbogen. Der nordischen 
Architektur dagegen verdankt er das Kreuzgewölbe, die 
regelmässige Anordnung des Ganzen, namentlich der Faeatle 
mit ihren 'l'l1ürmen, die gleichmässige senkrechte Gliede- 
rung der lllauerflächen, die rüstige, aufstrebende Leben- 
digkeit. Dennoch ist dieser Styl keinesweges eine blosse 
Compilatioir; jene entlehnten Einzelheiten dienten nur als 
vorbereitende Studien, Welche durch die künstlerische Kraft 
dieser centralen Gegenden zu einem organischen Ganzen 
verschmolzen wurden und in dem neuen Systeme eine ganz 
andere Bedeutung erhielten als sie bisher gehabt hatten. 
E!" War vielmehr eine neue Erfindung, die aber nicht plötz- 
lißh als gerüstete Minerva aus dem Haupte eines einzelnen 
lilßisvters llervßrsprang, sondern als das Erzeugniss verein- 
ter Kräfte langsam und allmälig reifte  
i") Im Allgemeinen beziehe ich mich über die Literatur der fran- 
zösischen Archäologie auf die bereits Band IV. Abth. 2. S. 253 ge- 
nannten Werke. Eine genauere Darstellung des Entwickelungsganges 
dieser nordfranzösischen Bauschule ist von den französischen Schrift- 
stellern überall noch nicht gegeben, obgleich sie im Allgemeinen über 
ihre Bedeutung und den Hergang einverstanden sind und im Einzelnen 
auch wohl die allmälige Veränderung gewisser Formen nachweisen. Die 
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