Nicolaikap elle
in
Soest.
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Wellenlinie. Der Umriss des Körpers, dem sich die Ge-
Wandung eng anschliesst, bildet eine weiche Biegung, die
Gewänder, gut fallend und dem Körper entsprechend, sind
in viele Falten gebrochen, und haben nach unten zu etwas
Flatterndes. Einigemal ist diese Häufung der Falten, be-
sonders wo die geringe Kenntniss des Körperbaues den
Maler auf Abwege führte, unschön und überladen, im
Ganzen geben aber diese weichen, ich möchte sagen äthe-
rischen Formen den Gestalten einen grossen Reiz. Der
Künstler liebt das Jugendliche, unter den Aposteln sind
mehrere bartlos, aber auch sonst ist er bestrebt gewesen,
ihnen sowohl in den Köpfen als in den Gewandmotiven
Mannigfaltigkeit und Individualität zu geben. Besonders
sind die Engelköpfchen über den Aposteln mit dem schön
geschwungenen Fall ihres Lockenhaares überaus zart und
reizend. Offenbar ist die Arbeit um einige Decennien jünger
als die des Kapitelsaales, aber etwas älter als die der
Chornische von Brauweiler. Schon bei den Miniaturen
konnten wir Wahrnehmen, und bei den Sculpturen, nament-
lich der Grabmonumente, werden wir diese Wahrnehmung
bestätigt finden, dass in Deutschland zwischen der byzan-
tinisirenden Behandlung im Anfange der Epoche und der
geradlinigen, statuarischen Haltung, Welche unter dem
Einllusse der gothischen Architektur aufkam, eine Zeitlang
ein Geschmack an bewegteren Formen, an mehr rundlichen
Linien und flatternden Gewändern herrschte. Dieser Ueber-
gangszeit gehören auch diese Malereien an, nur dass sie
eine der schönsten Leistungen derselben sind. Nach einer
urkundlichen Notiz haben Dechant und Kapitel des Patro-
klusstiftes im Jahre 1231 einem Maler Everwin ein Haus
Vergeben; es ist daher nicht unmöglich, dass dieser Maler,
der hiernach mit dem Stifte in Verbindung stand, auch
der
Meister
dieser
Kapelle
gewesen.