Der
Psalter
Ludwigs
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die Locken stets mit zierlichem Schwunge. Die Zeichnung
ist sicher und gewandt, die Darstellung stets auf Wenige
Figuren beschränkt, deren Haltung ein Bestreben nach An-
stand und ritterlicher Eleganz verräth. In den Kämpfen
und an einzelnen Nebenfiguren, namentlich an Mönchen
und Nonnen, finden wir Spuren eigener Beobachtung des
Lebens, im Ganzen hat aber die Darstellung eher etwas
Conventionelles. Der Ausdruck ist verständlich, aber matt,
Jacob ringt mit dem Engel sehr sanft und Samson bricht
die Säule mit Grazie; die „vaillant Dame qui a nom Debora",
wie sie in der auf der Rückseite des Blattes befindlichen
Inschrift heisst, sitzt sehr zierlich auf demselben Pferde
mit einem wohlgerüsteten Ritter, Ueberall ist die mög-
lichste Decenz beobachtet; nicht bloss Cain und Abel,
sondern auch der trunkeue Noah sind vollständig bekleidet,
Potiphar ist in vollem Kostüme und stehend, als sie dem
keuschen Joseph den Mantel entreisst. Selbst das ge-
plagte Aegypten, oberhalb nackt, um an den Umrissen seine
Beulen zu zeigen, ist am unteren Theile des Körpers durch
einen Mantel züchtig verhüllt. Die Initialen der "Psalmen
enthalten Hergänge aus dem Leben Davids auf gemusterten
Hintergründen, welche bei geeigneten Momenten, z. B. bei
dem 27. Psalm, wo das: Dominus est illuminatio mea et
salus mea durch einen auf den König herabfallenden gol-
denen Regen versinnlicht ist, oder da wo er anbetet, mit
einer Hindeutung auf König Ludwig selbst, seine gewöhn-
lichen Wappenzeichen, nämlich die Lilien abwechselnd mit
dem Thurme, dem Wappen seiner Mutter Blanka von Ka-
stilien, enthalten.
Wir sehen also hier im Wesentlichen dieselbe Rich-
tung, die wir auch in Deutschland in der zweiten Hälfte
des Jahrhunderts gefunden haben, aber mit besserem Er-
folge ausgeübt. Die Miniaturmalerei hat den Anspruch