Gewerblicher
Betrieb.
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eine tiefere Auffassung der phantastischen Gegenstände;
die hell und grell gemalten Bilder gehen nur auf grobe
Versinnlichung der Textesworte aus, und die graciöse, oft
aßectirte Haltung der Figuren contrastirt gegen den Ernst
der apokalyptischen Geschichte.
Aus diesen Anfängen entwickelte sich jedoch eine feste.
Schule. Dante bringt in einer bekannten, oft angeführten
Stelle die Miniaturmalerei in eine besondere Verbindung
mit Paris; bei der Begegnung mit einem italienischen Mi-
niaturmaler bezeichnet er nämlich dessen Kunst als die,
welche in Paris Illuminiren genannt werde Diese
Worte scheinen anzudeuten, dass zu Dante's Studienzeit
noch vor dem Ende des dreizehnten Jahrhunderts die Mi-
niaturmalerei in Paris vorzugsweise blühete und, abwei-
chend von anderen Orten, einen eigenen technischen Namen
hatte, ein wirkliches Gewerbe bildete. Und (lies ist auch
aus anderen Gründen sehr wahrscheinlich. In Paris, der
einzigen Universität diesseits der Alpen, WO die Wissbe-
gierigen aller Länder zusammenströmten, musste nothwen-
dig auch der stärkste Umsatz von Büchern statt finden.
Durch die längere Pflege der Wissenschaften war hier ein
Vorrath von Handschriften aufgehäuft, wie an keinem an-
deren Orte, Während andererseits das literarische Bedürfniss
der Lehrer und Studirenden und der VVunsch der Fremden,
sich bei ihrer Rückkehr in ihre Heimath das nöthige Ma-
terial zur Fortsetzung oder Anwendung ihrer Studien zu
Verschaffen, eine Nachfrage erzeugte, welche durch diesen
Vorrath nicht befriedigt werden konnte. Der Besitz von
Büchern war sehr bald auch ein Gegenstand der Prunk-
Sucht und Eitelkeit geworden; schon im Jahre 1189 klagte
man darüber, dass einzelne Studenten mit ihren, durch
t) Purgat. XI.
Ponor di quclP arte
76: Non sß' tu Oderisi Ilonor dhägobbio,
Ch' alluminare ä chiamata in Parisi.
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