Volltext: Geschichte der bildenden Künste im Mittelalter: Entstehung und Ausbildung des gothischen Styls (Bd. 5 = [2], Bd. 3)

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Frankreich. 
ihnen gestifteten Schulen. Unter ihnen hatte Anselm, der 
Begründer der scholastischexl WVissenschaft gelebt, welche 
auch ferner ihre Jünger hauptsächlich aus diesen nördlichen 
Gegenden erhielt. Im Süden dagegen War bei geringerer 
Gelehrsamkeit und Tiefe mehr allgemeine Bildung, Anwen- 
dung des Gedankens, Redefertigkeit. Das mittlere Frank- 
reich verarbeitete auch hier wieder diese Elemente, gab der 
Philosophie Methode, machte sie populär und leicht zu- 
gänglich  und ergriff sie mit jenem leidenschaftlichen 
Eifer, Welcher, nach dem Ausdrucke eines Zeitgenossen, 
auf allen Kreuzwegen den Streit der Disputationen ertönen 
liess. Unter den hervorragenden Meistern sind mehrere 
Italiener, Engländer und Deutsche, aber die grosse Menge 
stanlmt aus Frankreich. Jedenfalls fand die Scholastik 
nirgends so anhaltende Pflege als hier. Durch ihren Ein- 
fluss aber nahmen auch alle anderen Wissenschaften einen 
populären Anstrich, eine encyklopärlische Gestalt an. Paris 
wurde bald der ausschliessliche Sitz der Gelehrsamkeit, 
die Wissbegierigen aller Länder strömten dahin als zu der 
Quelle, es wurde schon jetzt zur VVeltstadt. Alle Natio- 
nen erkannten in dieser Beziehung die Superiorität der 
Franzosen an ade); Paris erlangte eine sagenhafte und sprüch- 
a] Johannes von Salisbury spottet über diese schnell zu erwer- 
bende Gelehrsamkeit. Fiebant repente summi philosophi; nam qui 
illiteratus accesserat non morabatur ulterius in scholis, quam eo curri- 
culo temporis, quo avium pulli plumescuut. 
 Otto von Freisingexl (praef. in lib. 5. Chron.) bemerkt, dass 
um diese Zeit die Wissenschaften nach Gallien übergegangen seien. 
Oaesar von Heisterbach (Dialogi lib. 5. c. 22): In Parisiense civitate, 
in qua est fons tntius seientiae et puteus divinorum scriptorum. Kein 
Wunder dass die Franzosen selbst sich noch emphatischer ausdrücken. 
Jacobus de Vitriaco1Q44] Hist. nccid. c. 7.: Oivitas Parisiensis  
fons hortorum et puteus aquarum vivarum, irrigabat universae terrae 
superflciem, panem delicatum et delicias praebens regibus et nniversae 
Ecclesiae super mel et favuxn ubera dulciora propinans.
	        
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